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Meinung: Hier verkocht der Chef

Von Moritz Döbler

Acht zentrale Forderungen sind es, die Michael Sommer in seiner Grundsatzrede aufgestellt hat. Ein anspruchsvolles Programm stellten sie dar, lobte sich der Gewerkschaftschef selbst. Anspruchsvoll, aber nutzlos. Denn wenn man ihn an seinem eigenen Maßstab misst, bleibt wenig übrig: am Maßstab nämlich der von ihm zitierten Beispiele drastischen Stellenabbaus in Deutschland. Von Siemens, AEG und CNH sprach er, von Banken, Bau und öffentlichem Dienst. Doch wären sämtliche acht Forderungen Wirklichkeit, wären dort kaum weniger Jobs gestrichen worden.

Welche Arbeitsplätze würde denn eine Börsenumsatzsteuer sichern? Ist es denn wirklich so, dass Siemens wegen der eigenen Optionsprogramme für Manager Spaß am Arbeitsplatzabbau entwickelt? Es ist ein naiver Gedanke, dass der Stellenabbau hierzulande zu stoppen ist, wenn man nur den internationalen Finanzmarkt bändigt. Und die Rolle der Heilsbringerin weist Sommer ausgerechnet der Bundeskanzlerin zu. Angela Merkel solle zeigen, was sie „international drauf“ habe, solle den Internationalen Währungsfonds und ein paar andere Organisationen „politisch an die Kette legen“. Wer so redet, will mit Parolen betäuben. Dann noch ein bisschen gegen Rechtsextremismus gewettert, eine Prise Europa, ein Löffelchen Familie, und fertig ist der Grundsatzreden-Eintopf.

Samt der Nachricht der Veranstaltung – 7,50 Euro sollen es beim Mindestlohn sein – zeigt das zweierlei: Die Gewerkschaft steht hilflos mit dem Rücken zur Wand, weil ihre Kampfinstrumente in einer globalisierten Welt nicht mehr funktionieren. Und sie versteht sich als reine Interessenvertretung. „Die Würde des Menschen ist unser Maßstab“, lautete das Motto des Kongresses, das aber eigentlich nicht den Menschen, sondern das Gewerkschaftsmitglied, den Arbeiter, den Angestellten meint. Jedenfalls nicht den Arbeitslosen. Dass die Veranstaltung mit schmachvollen Personalquerelen begann, bei der die Gewerkschaftsführung beschädigt und Ursula Engelen-Kefer gedemütigt wurde, um das CDU-Mitglied Ingrid Sehrbrock als stellvertretende Vorsitzende zu etablieren, fällt angesichts der inhaltlich-strategischen Defizite kaum noch ins Gewicht. Michael Sommer hat auf bestürzende Weise gezeigt, wie wenig von den Gewerkschaften in diesen Zeiten des Umbruchs zu erwarten ist.

Seiten 1 und 19

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