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Wir und die Griechen: Hilfe aus Eigennutz

Es hilft nichts: Jetzt müssen die Euro-Länder Geld mobilisieren, und zwar Deutschland vorneweg: aus eigenem Interesse. Denn alles andere wäre ungleich teurer.

Ein guter Bluff hätte reichen müssen. Schließlich wollte und will eigentlich niemand für Griechenlands Lügen und Maßlosigkeiten geradestehen. Die Finanzmärkte hätten überzeugt werden müssen, dass auch ein wirtschaftlich unbedeutendes Land ganz am Rand des Kontinents auf die uneingeschränkte Solidarität der Euro-Gruppe zählen kann. Komme, was da wolle. Aber der große Bluff ging daneben. Man blinzelte und schwitzte, wackelte und verhandelte, und jetzt wollen die Zocker eben sehen. Es hilft nichts: Jetzt müssen die Euro-Länder Geld mobilisieren, und zwar Deutschland vorneweg: aus eigenem Interesse.

Denn alles andere wäre ungleich teurer. Es sagt sich so leicht daher: Die Griechen sollen doch raus aus dem Euro. Aber das würde die Gemeinschaftswährung zerreißen und den gesamten Kontinent zurückwerfen, wirtschaftlich und politisch. Denn wenn es den Spekulanten an den Märkten so mühelos gelänge, ein Land aus der Euro-Zone zu schießen, welchen Sinn hätte die Gemeinschaft dann überhaupt noch?

Sollten die Griechen in ihrer Not zur Drachme zurückkehren, wäre der Euro bald am Ende. Als Teuro ist die neue Währung verunglimpft worden, für viele hat sie bis heute nicht den gleichen Klang wie einst die Mark – aber der größten Volkswirtschaft Europas, die ihre Waren überwiegend im Euro-Raum verkauft, hat die Währungsunion in einer Weise genutzt, dass man dafür nur dankbar sein kann. Niemand hat so sehr vom Euro profitiert wie Deutschland. Das wiegt den Griechenland-Ärger zigfach auf.

Hinzu kommt: Verließe Griechenland die Euro-Zone, müssten gigantische Summen abgeschrieben werden, denn dann wäre die Pleite manifest. Die inzwischen voll verstaatlichte Münchner Skandalbank Hypo Real Estate zum Beispiel hat Griechenland rund acht Milliarden Euro geliehen – das Geld wäre wohl futsch. Und der deutsche Staat ist auch an der Commerzbank und den Landesbanken beteiligt, denen Griechenland weitere Milliarden schuldet. Gerade aus Sicht des Steuerzahlers ist Deutschland besser beraten, sich Geld zu leihen und es Griechenland mit moderatem Aufschlag weiterzureichen. So lassen sich sogar noch erkleckliche Beträge verdienen, wenn alles gut geht. Griechenland soll ja nichts geschenkt kriegen.

Hier und jetzt müssen sich Einigkeit und Handlungsfähigkeit der Euro-Zone und der Europäischen Union insgesamt erweisen. Wenn das klappt, lässt sich nicht mehr gegen Portugal und Spanien spekulieren. Griechenland ist der Testfall und darf nicht der Sündenfall werden. Natürlich muss mit der finanziellen Hilfe eine scharfe Kontrolle der schmerzhaften Sparvorgaben einhergehen. Es wäre auch angemessen, die Banken an der Nothilfe zu beteiligen. Und ja, der Fall Griechenland zeigt enorme politische Defizite der Gemeinschaft, die dringend abgestellt werden müssen. Wir brauchen mehr Europa, nicht weniger.

Einfach wird das alles nicht. Aber das ändert nichts daran, dass jetzt geholfen werden muss. Die Prioritäten wären völlig falsch gesetzt, wenn das mit Rücksicht auf die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen unterbliebe. Es ist erstaunlich, dass ausgerechnet der Außenminister, dessen Amt wie kein anderes für die europäische Einigung steht, an diesem Weg zweifelt. Die Regierenden sollten die Bürger auch für schwierige Aufgaben einnehmen wollen, statt sich vermeintlich unumstößlichen demoskopischen Befunden zu unterwerfen. Jetzt zu kurzfristig zu denken, wäre ein Ausdruck von – Dekadenz.

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