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Sie sind viele: Doppelte Abiturjahrgänge sorgen für einen Ansturm auf die Universitäten.

© dpa

Hochschulen: Berlin kann das nicht mehr allein bezahlen

Am heutigen Montag ist Semesterstart und die Bildungshungrigen fressen Deutschland die Haare vom Kopf. Berlin hat schon eine Glatze. Es hilft nichts: Die Unis brauchen mehr Geld, gerade in Berlin.

Die Bildungshungrigen fressen Deutschland die Haare vom Kopf. Berlin hat schon eine Glatze. Was die Studierenden kosten! Noch nie strebten so viele Abiturienten an die Hochschulen wie heute. Und ausgerechnet jetzt kommen auch noch doppelte Abiturjahrgänge wegen der verkürzten Schulzeit sowie zusätzliche junge Männer wegen der eingefrorenen Wehrpflicht an die Unis. Ständig müssen darum neue Studienplätze her. Berlins Finanzsenator dürfte schwindlig werden, wenn er an die Zukunft der Berliner Hochschulen denkt.

Sie expandieren. Noch nie in seiner Geschichte hatte Berlin so viele Studierende: 153.694. Doch finanziert nicht das Land den Aufwuchs an Erstsemestern, sondern der Bund. Berlin fuhr seine Mittel sogar mitten im größten Trubel leicht zurück. Die Hochschulen sollen die Suppe mit Bundesgeld strecken – und dann selbst auslöffeln.

So decken die Unis ihre steigenden Personal- und Energiekosten mit Geld, das für die Lehre da sein sollte. Da werden die Seminare voller. Die Versprechen, wonach sich wegen der guten Betreuung im dreijährigen Bachelor-Studium so viel lernen lässt wie früher in fünf Jahren, ist längst gebrochen. Auch mangelt es an Räumen und Bibliotheksplätzen. Der Senat, der gerade mit den Unis über neue Hochschulverträge verhandelt, wird einiges drauflegen müssen. Weitere Kosten entstehen durch den Umzug der Beuth-Hochschule nach Tegel, die von der Koalition beschlossene Verlängerung des Lehrerstudiums und die vom Bundesverfassungsgericht geforderte bessere Professorenbesoldung.

Ist es wirklich denkbar, dass Berlin das alles bezahlen kann? Schließlich soll der Haushalt jährlich nicht mehr als 0,3 Prozent wachsen. Unter diesen Umständen erscheint der Stadtstaat größenwahnsinnig, wenn er sich drei große Unis, sieben Fachhochschulen und vier Kunsthochschulen leistet. Berlin könnte sparen und nur noch eine kleine Uni für die Lehrerbildung und zwei Fachhochschulen vorhalten. Das würde den Berliner Steuerzahler entlasten, der die Hochschulen zu 90 Prozent finanziert.

Doch Berlin unterhält seine Hochschullandschaft eben nicht für den lokalen, sondern für den nationalen Bedarf. Auf den Studienplätzen sitzen überwiegend Menschen mit einem auswärtigen Abitur. Auch in der Forschung tragen die Berliner Unis zur Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands in der Welt bei, wie andere deutsche Unis auch.

Dennoch weist die Verfassung den Ländern allein die Verantwortung für die Hochschulen zu. Die Länder sind von der Größe der Aufgabe aber zunehmend überfordert. So stopfen die Universitäten ihre Finanzlöcher immer mehr mit zeitlich befristetem Geld: aus Drittmitteln oder aus dem Hochschulpakt des Bundes. Das hat auch zur Folge, dass die Unis sich immer stärker auf prekär beschäftigte Wissenschaftler stützen. Das ist verantwortungslos.

Bundesforschungsministerin Annette Schavan wollte eine Verfassungsänderung, die dem Bund erlaubt, einzelne universitäre Spitzeneinrichtungen zu fördern. Damit ist sie gescheitert. Das muss man nicht bedauern. Die Hochschulen brauchen mehr als eine Lex Elite, einen großen Wurf. Einen Vorschlag dafür hat soeben Bayerns Wissenschaftsminister gemacht: Die Unis sollen von Bund und Ländern fünf Prozent jährlich mehr bekommen. Damit würden sie so gut wie die außeruniversitären Institute behandelt. Nach Jahrzehnten der Unterfinanzierung wäre das ein überfälliger Schritt.

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