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Meinung: Ist die Freilassung von Christian Klar gerecht?

Zur bevorstehenden Freilassung Christian KlarsDie Nachricht von der vom Gericht beschlossenen Freilassung von Christian Klar ist einerseits verständlich, andererseits ruft sie zu vehementem Protest auf. Verständlich, weil das Gericht auf der Grundlage der vorhandenen Rechtslage, das heißt, der von unserem Parlament beschlossenen Gesetze, urteilen musste.

Zur bevorstehenden Freilassung Christian Klars

Die Nachricht von der vom Gericht beschlossenen Freilassung von Christian Klar ist einerseits verständlich, andererseits ruft sie zu vehementem Protest auf. Verständlich, weil das Gericht auf der Grundlage der vorhandenen Rechtslage, das heißt, der von unserem Parlament beschlossenen Gesetze, urteilen musste. Ob dabei alle Auslegungsmöglichkeiten ausgeschöpft wurden, kann ich als juristischer Laie nicht beurteilen. Unverständlich sind die offenbar in diesen Gesetzen niedergelegten Regeln, nach denen offensichtlich ein zu sechsmal lebenslänglicher Haft verurteilter mehrfacher Mörder ohne Reuebekundungen und Entschuldigungsäußerungen in die Freiheit entlassen werden kann. Wenn das Verfassungsgericht seinerzeit gemeint hat, dass auch solchen Unmenschen die Hoffnung auf eine vorzeitige Freilassung nicht genommen werden darf und dass darin ein Zeichen von Stärke unseres Rechtsstaates zu sehen ist, dann hat es gegen die einzig verbleibende Hoffnung der unter den Morden für immer und ewig leidenden Angehörigen der Ermordeten verstoßen. Diese ihnen verbleibende Hoffnung besteht darin, dass der Täter nie wieder das Licht der Freiheit erblicken darf, die er mit Füßen getreten hat.

Die „Vergebung von Sünden“ mag in den Gefühlen einiger Menschen eine wichtige Rolle spielen, hat mit Rechtsstaatsstärke aber nichts zu tun, die Opferschutz und deren Gefühle vor die Rücksicht auf brutale Täter und deren zweifelhafte Menschenwürde stellen muss. Alle Politiker unseres Landes sind daher aufgefordert, sich für eine Änderung der Gesetzeslage einzusetzen.

Gerd Maaß, Berlin-Lankwitz

Sehr geehrter Herr Maaß,

es war zu erwarten, dass die Entscheidung über die Freilassung des RAF-Terroristen Christian Klar auf Widerspruch stoßen wird.

Insbesondere den Angehörigen der Opfer von Christian Klar wird diese Entscheidung zu schaffen machen. Viele Bürgerinnen und Bürger denken und empfinden ähnlich. Zu breit ist die Blutspur, die die Verbrechen des Christian Klar hinterlassen haben. Zu tief sitzt der Schrecken über den brutalen Terror der RAF. Christian Klar war zwischen 1977 und seiner Verhaftung im November 1982 einer der führenden Köpfe dieser Terrororganisation und war in dieser Zeit an nahezu allen Verbrechen der „Rote Armee Fraktion“ beteiligt. Am 3. November 1992 wurde er vom Oberlandesgericht Stuttgart wegen sechsfachen Mordes und anderen Verbrechen zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.

Nun wird er nach 26 Jahren vorzeitig auf Bewährung entlassen. 26 Jahre Gefängnis sind gewiss eine lange Zeit, aber lebenslang ist das nicht. Klar ist 56 Jahre alt und längst nicht haftunfähig. Warum also die Freilassung? Waren die Verbrechen nicht schwer genug? Ist lebenslänglich nicht lebenslänglich?

Sowohl Bundespräsident Rau, als auch Bundespräsident Köhler haben ein entsprechendes Gnadengesuch abgelehnt. Sie erkannten, dass Klar ein unverbesserlicher Ideologe ist und seine Taten nicht bereut. Bis heute hat er keine Reue gezeigt, bis heute hat er sich nicht bei den Nachkommen seiner Opfer entschuldigt.

Das Gericht stützt seine Entscheidung vom 24. November 2008 auf die Vorschrift des Paragrafen 57a Strafgesetzbuch (StGB). Danach ist eine lebenslange Freiheitsstrafe frühestens nach 15 Jahren zur Bewährung auszusetzen, wenn nicht „die besondere Schwere der Schuld“ die weitere Vollstreckung gebietet und wenn vom Täter keine Gefahr mehr für die Allgemeinheit ausgeht. Diese Regelung ist eine Konsequenz aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes vom 22./23. März 1977 (BVerfG 45/187ff). Danach gehört es zu einem menschenwürdigen Strafvollzug, dass auch der zu lebenslanger Haft verurteilte Schwerstkriminelle grundsätzlich die Chance hat, „je wieder der Freiheit teilhaftig zu werden.“

Schon am 13. Februar 1998 hat der 2. Senat des Oberlandesgerichtes Stuttgart entschieden, dass Klar wegen der besonderen Schwere der Schuld mindestens 26 Jahre Strafe verbüßen muss. Dann, so meinte das Gericht damals, sei die „Schwere der Schuld" gesühnt, unabhängig davon, ob der Täter Reue zeigt. Deshalb hatte jetzt das Gericht nur noch die Frage zu prüfen, ob von Christian Klar weiterhin Gefahr ausgeht. Entsprechende Gutachten haben dies verneint. Daher hat schließlich die Generalbundesanwaltschaft selbst den Antrag gestellt, den Rest der Vollstreckung der Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen.

Der Gesetzgeber hat mit Paragraf 57a StGB geregelt, was das Verfassungsgericht vorgegeben hat. Er hat richtig gehandelt. Es ist die Stärke eines Rechtsstaates, nicht Rache zu üben, sondern auch dem Schwerverbrecher die Möglichkeit zu lassen, wieder in die Freiheit zurückzukehren.

„Die freie menschliche Persönlichkeit und ihre Würde stellen den höchsten Rechtswert innerhalb der verfassungsmäßigen Ordnung dar“, schreibt das Verfassungsgericht (VerfGE 45,187, 227). Die Regelung des Paragrafen 57a STGB wahrt diesen Grundsatz.

Mit freundlichen Grüßen

— Norbert Geis (CSU), Mitglied

im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages

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