zum Hauptinhalt
Juri Luzenko.

© dpa

Juri Luzenko: „Ich erwarte kein faires Urteil“

Juri Luzenko hat die Orangene Revolution in der Ukraine organisiert. Jetzt wird er zu vier Jahren Haft verurteilt - um ihn politisch kaltzustellen, wie er meint. Ein Porträt.

Der einstige ukrainische Innenminister sollte recht behalten, ein faires Urteil bekam er nicht. Ein Kiewer Bezirksgericht verurteilte Juri Luzenko wegen Amtsmissbrauchs zu vier Jahren Gefängnis. Der Richter führte in seiner Urteilsbegründung aus, Luzenko habe den Fahrer seines Dienstwagens überbezahlt und ihm an der Warteschlange vorbei zu einer Einzimmerdienstwohnung verholfen. Dem ukrainischen Staat sei so ein Schaden von umgerechnet rund 4000 Euro entstanden, führte am Montag der Richter mit ernster Mine aus. Luzenko wurde derweil wie ein Schwerverbrecher in einem Metallkäfig präsentiert und von mehreren Polizisten bewacht. Neben den vier Jahren Gefängnis wurde Luzenko zu einer Geldstrafe verurteilt. Auch darf er bis 2015 für kein politisches Amt kandidieren.

„Ich werde meine Unschuld beweisen!“, rief Luzenko dem Richter nach der Urteilsverkündigung wütend zu. „Das Gericht hat nur ein von Politikern vorfabriziertes Urteil vorgelesen“, klagte der 47-jährige Vorsitzende der Oppositionspartei „Narodnaja Samoobrona“ („Selbstverteidigung des Volkes“) und enge Verbündete Julia Timoschenkos. „Das Urteil stammt aus dem Präsidialamt und hat zum Ziel, mich von der Politik auszuschließen.“ Luzenko war bereits im Dezember 2010 verhaftet worden und saß seitem über zehn Monate ohne Anklage in Untersuchungshaft. Im vergangenen Jahr hungerte er sich als Protest beinahe zu Tode.

Luzenko wird ein glänzendes Organisationstalent nachgesagt. Seine Erfahrung bei der Organisation von Massenprotesten, unter anderem während der „Orangenen Revolution“ macht ihn für den Staatspräsidenten und das Umfeld gefährlich. Als Innenminister schaffte er sich zudem viele Feinde in der heutigen Regierungsmannschaft, indem er unerbittlich dafür eintrat, die Wahlfälscher von 2004 juristisch zu belangen. Auch soll er einigen ostukrainischen Geldgebern des heutigen Staatspräsidenten Wiktor Janukowitsch empfindlich zugesetzt haben.

Janukowitsch versicherte vor der Urteilsverkündung – ähnlich wie bereits im Fall Timoschenko – die Justiz in der Ukraine sei unabhängig, und der Amtsmissbrauchsprozess sei keineswegs politisch motiviert. Berlin, Brüssel und Washington sehen dies allerdings anders: Die EU hatte nach Timoschenkos Verurteilung im Dezember ein Assoziations- und Freihandelsabkommen mit der Ukraine auf Eis gelegt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false