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Meinung: Kann die Gastronomie Rauchverbote verkraften?

Zur Berichterstattung über ein Rauchverbot in Gaststätten Mein Mann und ich haben uns mit einer kleinen Kneipe selbstständig gemacht, um nicht die letzten Jahre bis zur Rente als Hartz-IV-Empfänger dem Staat zur Last zu fallen. Unsere Kneipe hat sich etabliert und wir können bescheiden davon leben.

Zur Berichterstattung über ein Rauchverbot

in Gaststätten

Mein Mann und ich haben uns mit einer kleinen Kneipe selbstständig gemacht, um nicht die letzten Jahre bis zur Rente als Hartz-IV-Empfänger dem Staat zur Last zu fallen. Unsere Kneipe hat sich etabliert und wir können bescheiden davon leben. Unsere Gästeklientel besteht fast ausschließlich aus Stammgästen, von denen 80 Prozent rauchen. Man sitzt abends gemütlich bei einem Bierchen an der Theke und raucht, manch einer Pfeife, ab und zu mal eine Zigarre, aber überwiegend Zigaretten. Die wenigen Nichtraucher, die dazwischensitzen, tolerieren den Qualm, da sie sich hier wohl fühlen. Nun wird das Rauchen in Kneipen verboten. Das heißt, dass unsere Gäste wieder ihre Hausbars aktivieren, sich in ihre Wohnzimmer zurückziehen und den Besuch der Kneipe meiden.

Für uns persönlich bedeutet dies den Ruin, da wir von den wenigen Nichtrauchern nicht leben können und unsere Kneipe schließen müssen, um dann mit Hartz IV doch dem Staat zur Last zu fallen. Und so wie uns, wird es sehr, sehr vielen kleinen Gastronomen mit ihren Bierkneipen ergehen. Ist es nicht möglich, es den Gastronomen als mündigen Bürgern und freien Unternehmern zu überlassen, ob in ihrer Kneipe geraucht werden darf oder nicht? Nichtraucher sind auch mündig und können sich aussuchen, ob sie in Raucherkneipen gehen oder nicht. Und zum Thema Arbeitsschutz: Haben Sie sich schon einmal Gedanken darüber gemacht, wie viele Mitarbeiter in der Gastronomie nicht rauchen? Es sind verschwindend wenige. Und zur Anpassung an die anderen EU-Länder: Welche ein Land hat solch eine Kneipenkultur wie Deutschland? Man hat dort Speiselokale oder eine Espressobar, aber Bierkneipen, wie bei uns, sucht man anderswo vergeblich.

Hanne Schindelmann, Berlin-Marienfelde

Sehr geehrte Frau Schindelmann,

auch mir als Gastwirt und Hotelier wäre eine freiwillige Lösung lieber als ein Rauchverbot. Deshalb sind wir zu einem Zeitpunkt, als auf europäischer Ebene die Forderung nach einem verbesserten Nichtraucherschutz immer eindringlicher wurde, zunächst nur eine freiwillige Selbstverpflichtung eingegangen. Wir hatten versprochen, sukzessive mehr Plätze für Nichtraucher in unseren Betrieben anzubieten. Und obwohl ich von dieser Aktion nur positiv überraschte Kollegen kenne, waren es insgesamt viel zu wenige. Nun ist es müßig, darüber zu diskutieren, ob die Ankündigungen, dass so und so ein Rauchverbot kommen werde, nicht viele abgeschreckt hat, auf freiwilliger Basis zu handeln – fest steht, ein Gesetz wird kommen.

Dabei will ich gar nicht auf andere europäische Länder zeigen und darüber nachdenken, ob wir dort eine vergleichbare Gaststättenstruktur vorfinden. Letztlich sind wir uns einig, dass der mündige Gast selbst entscheiden soll, was er will und was nicht. Und hier hat sich das Meinungsbild drastisch verändert: noch vor zwei Jahren forderte nur ein Drittel aller Deutschen ein Rauchverbot, heute sind es über 80 Prozent. Folglich stellt sich für mich angesichts der politischen Vorzeichen lediglich die Frage: Wollen wir ein vollkommenes Verbot oder eine gesetzliche Regelung, die Nischen für rauchende Gäste offen lässt?

Zunächst war ich für ein weniger restriktives Gesetz. Die vorliegenden Entwürfe zeigen jedoch, dass Ausnahmen nicht so eindeutig geregelt werden können, ohne dass es sichere Verlierer gäbe. Auch wären Diskussionen mit Mitarbeitern und Gästen vorprogrammiert. Zum Beispiel würde das Angebot, dass in abgetrennten Nebenräumen weiterhin geraucht werden darf, zu einer eklatanten Benachteiligung vieler kleiner Kneipen führen, die über keinen Nebenraum verfügen. Ganz davon abgesehen: Wie sollen wir unseren nichtrauchenden Mitarbeitern – wie wenige es auch sein mögen – erklären, dass das Bedienen in Haupträumen, in denen geraucht wird, offensichtlich schädlicher ist, als in „abgetrennten Nebenräumen“ oder Bierzelten? Auch hier stellt sich für mich die Frage, warum Rauchen in fliegenden Bauten weniger schädlich sein soll als in festen Bauten.

Die Argumentation für ein Nichtraucherschutzgesetz gründet auf der gerechtfertigten Gesundheitsvorsorge gegenüber Gästen und Mitarbeitern. Wenn deren Mehrheit diesen besseren Gesundheitsschutz anstrebt und die Politik deshalb ein Gesetz plant, ist die Forderung nach einem generellen Rauchverbot die einzig ehrliche.

Vor diesem Hintergrund sehe ich auch positiv in die Zukunft: Unsere Branche hängt sicher nicht vom Wohl und Wehe eines Rauchverbotes ab. Wir müssen mehr denn je in unseren Betrieben eine besondere Atmosphäre zaubern und kulinarische Genüsse anbieten, die ein Gast so woanders nicht finden kann. Lassen Sie uns weniger die Probleme eines Rauchverbotes suchen, sondern als professionelle Gastgeber die darin liegenden Chancen nutzen!

Mit herzlichen Grüßen

— Siegfried Gallus, Präsident des Bayerischen

Hotel- und Gaststättenverbandes e.V. (BHG)

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