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Meinung: Koalitionsverhandlungen: Sozialistischer Realismus

Ob Berlins Finanzsenatorin Christiane Krajewski an ihre Amtsvorgängerin denkt? Manches an ihrem angekündigten Rücktritt erinnert an Annette Fugmann-Heesing.

Ob Berlins Finanzsenatorin Christiane Krajewski an ihre Amtsvorgängerin denkt? Manches an ihrem angekündigten Rücktritt erinnert an Annette Fugmann-Heesing. Die wurde von den Sozialdemokraten 1995 aus Hessen geholt und fand als Erste klare Worte über die Finanzmisere der Stadt. Das brachte ihr Sympathien ein - aber keine Hausmacht in der SPD. Erst kehrte sie mit eisernem Besen durch die Senatsressorts, dann wurde sie bei der Neuauflage der CDU/SPD-Koalition 1999 selbst weggefegt.

Nun geht Krajewski. Die Saarländerin wurde in wenigen Monaten zum Aktivposten des rot-grünen Übergangssenats. Sie brachte die krisengeschüttelte Bankgesellschaft in ruhiges Wasser und trieb unablässig zum Sparen an. Nur: Eine Hausmacht hat auch Christiane Krajewski nicht. Sie wird gespürt haben, dass sie beim Verteilen der Senatsposten nur geringe Chancen hat. Auch das Verhältnis zum Regierenden Bürgermeister, der sich selbst für den obersten Kameralisten der Stadt hält, kühlte ab. Denn die Arithmetik bei Rot-Rot ist einfach: Vier der acht Senatorenämter möchte die PDS besetzen. Da ist den SPD-Funktionären beim Abzählreim um die wenigen Plätze die eigene Karriere immer noch wichtiger als das Interesse der Stadt an einer sachkundigen Hüterin der Finanzen.

So weit die schlechte Nachricht. Und die gute? Jetzt muss die PDS ran. Eine Gelegenheit für die Sozialisten, zu zeigen, wie ernst sie es meinen mit der Verantwortung. Die Übernahme des Finanzressorts wäre ein stärkeres Signal für die ganze Stadt als eine Präambel im Koalitionsvertrag, in der die PDS den Mauerbau verurteilt.

Wohltaten sind nicht zu verteilen, sondern vor allem Zumutungen. Nur dann hat die Stadt eine Chance. Wie eine sozial ausgewogene Finanzpolitik betrieben werden kann, die die innere Einheit der Stadt voranbringt und die zugleich Zukunftschancen eröffnet, das möchte die Stadt schon sehen. Der unumgängliche Sparkurs wird Enttäuschungen bei den eigenen Wählern produzieren, das weiß Gregor Gysi. Aber der PDS die Ressorts für das Gute und Schöne zu überlassen - das macht die SPD nicht mit. Schon gar nicht fünf Jahre lang.

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