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Von der Politik in die Wirtschaft: Kochs Kapital

Was wäre Roland Koch ohne Politik? Vermutlich nicht neuer Vorstand von Bilfinger Berger.

Es spricht nichts dagegen, Geld verdienen zu wollen – im Gegenteil. Es muss auch niemand lebenslang Politiker bleiben. Und der Chefposten bei einem großen Konzern ist ganz sicher ein interessanter, aufregender Job. Trotzdem ist der Wechsel des CDU-Politikers Roland Koch an die Spitze des zweitgrößten deutschen Baukonzerns Ausdruck einer skandalösen Unverfrorenheit. Was ist denn das Kapital des Roland Koch? Was macht ihn für Bilfinger Berger attraktiv? Nicht seine Branchenkenntnisse (auch wenn die Firma gerade eine Landebahn in Frankfurt baut), nicht seine Managementexpertise (selbst wenn er CEO von Hessen war), sondern vor allem sein Netzwerk aus potenziellen öffentlichen Auftraggebern.

Seit über drei Jahrzehnten ist Koch in der Politik und kennt heute alle und jeden, vom Stadtrat in Eschborn bis zur Bundeskanzlerin, auch wenn er sich von ihr wohl nicht gerade pfleglich behandelt fühlte. Sicher, es gibt andere Strippenzieher, die ihre Politikervergangenheit zu Geld gemacht haben: Gerhard Schröder bei den Russen, Walter Müller bei der RAG, Otto Wiesheu bei der Bahn, Friedrich Merz und Joschka Fischer als Berater. Aber an so zentraler Stelle und gleichzeitig so abhängig von Staatsaufträgen – das ist neu. Steuergelder in Milliardenhöhe wird Koch in seiner neuen Funktion als Einnahmen verbuchen, nachdem er vorher für die Schuldenbremse gekämpft hat.

Selbst wenn man wollte, ließe sich das Unbehagen darüber schwerlich in einen Gesetzestext oder Kodex gießen. Mehr Anstand ist nötig – wie beschämend, dass der Autor eines gerade erschienenen Buches über Werte (Titel: „Konservativ“) ausgerechnet diese Tugend vermissen lässt. Politik ist eben keine Karriere wie jede andere, sondern dient dem Gemeinwohl. Daran müssen sich Politiker messen lassen, aber das muss die Gesellschaft auch wertschätzen. Weil es daran zuweilen hapert, stehen erfolgreiche Berufspolitiker plötzlich am Ende ihrer politischen Möglichkeiten. Was würde zum Beispiel aus Bundespräsident Christian Wulff, einst wie Koch ein „Junger Wilder“ der CDU, wenn er in fünf Jahren nicht mehr wiedergewählt würde? Chef der Deutschen Bank? – Politik sei nicht sein Leben, hatte Koch gesagt. Aber was wäre er denn ohne Politik?

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