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Alkohol, Süßigkeiten oder Zigaretten – viele Menschen verzichten in der Fastenzeit.

© dpa

Kolumne "Ich habe verstanden": Sieben Wochen ohne

Seit Aschermittwoch ist Fasten mal wieder ein großes Thema. Viele verzichten dabei auf Alkohol, Schokolade oder Fleisch – davon profitiert dann wahrscheinlich auch die Figur. Matthias Kalle setzt da andere Prioritäten.

Das Fasten war ja in dieser Woche ein großes Themen, vor allem das Heilfasten, und dass das ein Thema war, lag natürlich am Aschermittwoch, an dem ja alles vorbei sei soll, aber ich glaube, dass da auch so eine generelle Sehnsucht dahintersteckt.

Und ich meine jetzt nicht die Sehnsucht nach einer schlankeren Figur. Obwohl. Vielleicht auch. Ein bisschen jedenfalls. Eine Kollegin jedenfalls überraschte mich diese Woche mit dem Satz: „Summer bodies are made in winter“ – in etwa also: im Winter quälen, im Sommer super aussehen. Die Kollegin ärgerte sich nur ein bisschen, dass es ja dieses Jahr gar keinen richtigen Winter gab.

Es gibt dafür wieder die neue Staffel von „Germany’s Next Topmodel“ und von einer Sendung, die ich noch nie gesehen habe, weil sie „The biggest Loser“ heißt. Bei „Germany’s Next Topmodel“ hat in der ersten Folge Heidi Klum eine Kandidatin nicht weiter gelassen, weil sie ihr zu dünn schien – bei „The biggest Loser“ werden Kandidaten nicht weiter gelassen, wenn sie zu dick bleiben. Das deutsche Fernsehen kann halt doch sehr kompliziert sein.

Der Magerwahn treibt seltsame Blüten

Vor kurzem habe ich irgendwo gelesen, dass es sehr schlimm sei, dass in Deutschland schwangere Frauen darauf achten würden, nicht zu viel zuzunehmen. Der „Magerwahn“, das war wohl die Botschaft des Textes, „treibe seltsame Blüten“. Eben erst wurde allerdings seitens der Ärzteschaft Alarm geschlagen: Schwangere würden nicht mehr auf ihr Gewicht achten, sie ließen sich gehen, seien nach neun Monaten viel zu dick – und das würde große Probleme bei der Geburt bereiten.

Ich kenne einige, die jetzt bis Ostern kein Fleisch mehr essen, keinen Alkohol mehr trinken und die Finger von Süßigkeiten lassen. Wahrscheinlich nimmt man dadurch auch ab, aber das ist wohl nicht das Entscheidende. Es geht eher darum, zu verzichten, ganz bewusst, nicht weil man sollte, sondern weil man es kann. Und weil man sich dadurch vielleicht auch Kraft und Mut holen kann, um sich auf das Wesentliche zu besinnen und lernt zu unterscheiden: zwischen dem, von dem man sich trennen kann (weil es Ballast ist, den man mit sich rumschleppt), und dem, was einem wirklich wichtig ist, auf das man nicht verzichten möchte, von dem man sich nicht trennen kann.

Kein „Wetten, dass...?“ oder schlechte Krimis

Ich habe weder Übergewicht noch gesundheitliche Probleme, meine Ernährung ist ausgewogen, aber dennoch mache ich mit bei „Sieben Wochen ohne“, das habe ich mir gerade überlegt. Sieben Wochen werde ich also auf folgendes verzichten: „Wetten, dass...?“ schauen; heimlich schlechte Krimis lesen; in Jogginghose den Müll wegbringen; nicht ans Telefon gehen wenn es klingelt; bei Fußballspielen im Fernsehen auch die Vor- und die Nachberichte gucken; „gleich“ sagen obwohl ich „später“ meine.

Ansonsten bin ich eigentlich ein anständiger Mensch.

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