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LEICHTS Sinn: Wer nichts vom Geschäft versteht …

… gehört auch nicht in den Verwaltungsrat. Robert Leicht über Politiker und die der Bayerische Landesbank.

Haben Sie schon einmal etwas vom „Haftungsprivileg“ gehört? Worin sollte das Privileg einer Haftung bestehen, die doch eher zum Nachteil ausschlagen kann? Gemeint ist aber das genaue Gegenteil: Derjenige, dem ein Haftungsprivileg zugestanden wird, haftet nicht so streng, wie es eigentlich angebracht wäre. Deshalb schauen auch der vormalige bayerische Finanzminister Erwin Huber und der vormalige bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein inzwischen viel entspannter ins neue Jahr. Denn obwohl man ihnen nachsagt, sie hätten im Verwaltungsrat der Bayerischen Landesbank „schuldhaft“ gehandelt, als sie ein ruinöses Geschäft mit abnickten, sollen sie nun nicht zum Schadensersatz herangezogen werden; 2002 war in die Satzung der Bayern LB ein Haftungsprivileg zugunsten der Mitglieder der bayerischen Staatsregierung verankert worden. Demzufolge sollten sie nur haften, wenn sie „grob fahrlässig“ handeln, also nahezu vorsätzlich – wohingegen leichte Fahrlässigkeit unter den Tisch fällt.

Wieso eigentlich? Ein solches Haftungsprivileg kann nur den Sinn haben, darauf Rücksicht zu nehmen, dass die Minister der bayerischen Landesregierung von jenen Geschäften, die sie beaufsichtigen sollen, so wenig verstehen, dass man sie einfach nicht wie sachkundige Personen haften lassen kann. Dann allerdings stellt sich doch eher die Frage, was solche Leute in einem Verwaltungsrat überhaupt verloren haben. Weshalb soll man Leute, die anderweitig große Verdienste haben mögen, in ein Gremium entsenden, in dem sie nicht voll ernst genommen werden können und in dem man sie, als quasi nicht ganz volljährige Heranwachsende, allenfalls nach dem Jugendstrafrecht beurteilen kann?

Seit kurzem habe ich einem Aufsichtsrat einer gemeinnützigen Institution vorzustehen – rein ehrenamtlich, wie sich versteht, und ohne jede Entschädigung. Über die Pflichten jedes Mitgliedes in diesem Gremium steht geschrieben, es habe „die Sorgfaltspflicht eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden“. Nicht nur haften wir also für unser Tun ohne jedes Privileg, sondern wie voll satisfaktionsfähige Kaufleute; es findet durch diese Vorschrift überdies eine Beweislastumkehr statt.

Geht also etwas schief und stehen Schadensersatzansprüche im Raum, dann muss uns nicht etwa sorgfaltswidriges Handeln nachgewiesen werden, sondern wir selber müssen nachweisen, dass wir die geforderte Sorgfalt vollständig aufgebracht haben. Im Übrigen ist ausdrücklich festgehalten: „Jedes Aufsichtsratsmitglied achtet darauf, dass ihm für die Wahrnehmung seiner Mandate genügend Zeit zur Verfügung steht.“ Die Ausrede, wir hätten aufgrund unserer eigentlichen beruflichen Belastung nicht so genau hinsehen können, zöge also in keinem Falle. Schon gar nicht kämen wir auf den Gedanken, der in Verwaltungsräten der Landesbanken immer wieder akzeptiert wird, dass der Minister aus Zeitmangel nicht selber an der Sitzung teilnimmt, sondern einen Beamten schickt, der seinerseits weder Mitglied des Gremiums ist noch in irgendeiner Weise haften könnte.

Warum sollen die zitierten strengen Regeln eigentlich nicht auch in öffentlich-rechtlichen Verwaltungsräten gelten? Wenn einer Regierung, sagen wir, drei Sitze im Verwaltungsrat zustehen, dann hat sie da nicht Minister hinzuschicken, die ein Haftungsprivileg benötigen, um ruhig schlafen zu können, sondern ausgewiesene Profis, die auch dann noch wissen, wie der Hase läuft, wenn er im Finanzmarktdschungel die abenteuerlichsten Haken schlägt. Die Kombination von Selbstüberschätzung und Haftungsrabatt jedenfalls ist geradezu grotesk. Ihre Folgen sind es ja auch.

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