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Lesermeinung: Bildungsabbau ist toll!

Zu: „Umstrittener Eignungstest“, PNN vom 29. 8.

Zu: „Umstrittener Eignungstest“, PNN vom 29. 8. 2003: Die Unis sind zu voll, die Studienbedingungen zu schlecht, der Numerus Clausus (N.C.) nicht aussagekräftig genug, also müssen Eignungstests vor Beginn eines Studiums her.Wer das fordert und/oder gutheißt, verkennt die Hintergründe und die Auswirkungen. Mit dem neuen Hochschulgesetz in Brandenburg sollen die Universitäten und Fachhochschulen die rechtliche Möglichkeit bekommen, sich ihre Studierenden selbst auszusuchen. Abgesehen von der zumindest zweifelhaften Praktikabilität – Hochschullehrende, die schon jetzt keine bis kaum Zeit haben, ihre Studierenden zu betreuen, sollen nun auch noch „Studierende in spe“ begutachten und die „Hochschuleignung“ feststellen – ein fatales Signal. Was als unglaubliche Chance im Wettbewerb der Hochschulen verkauft wird, ist in der Realität nichts anderes als der Abschied vom Abitur als Hochschulzugangsberechtigung und ein weiterer Einschnitt im Bildungssystem. Zugegeben, das Abitur als „Hürde zur Hochschule“ ist dringend zu hinterfragen ebenso wie die Aussagekraft des Abiturdurchschnittes über die Studierfähigkeit. Nicht zu bezweifeln: Die Studienbedingungen sind schlecht, die Betreuungsrelationen katastrophal. Diese Tatsachen als Argumente für Eignungstest anzubringen ist unzulässig. In Zeiten, in denen offiziell der Akademikermangel und die geringe Studierquote beklagt werden, in denen die Gefahr beschworen wird, Deutschland könnte in Forschung und Wissenschaft international den Anschluss verlieren, kann die Devise eigentlich nur heißen: Investitionen im (Hochschul-)Bildungsbereich statt ständig sinkenden Etats, Ermutigung junger Menschen, ein Studium aufzunehmen statt Aufbau neuer Hürden, die Gestaltung der Studienbedingungen derart (u.a. durch verstärkte Betreuungsangebote), dass die Studierbarkeit wirklich gewährleistet ist, statt Studierende der Orientierungslosigkeit zu überlassen. Die Pläne der Landesregierung wirken den offiziell vertretenen Zielen entgegen und lassen keine andere Schlussfolgerung zu, als dass Bildungspolitik derzeit von den Finanzministerien gemacht wird. Hochschulen, die ihre Studierenden dazu befähigen würden, selbst zu entscheiden, ob und wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist, selbige zu verlassen, brächten nicht nur die Einzelnen weiter. Hochschulen, die Studierwillige wegen fehlender Kapazitäten vorschnell aussortieren, beweisen jedoch nur, dass sie den Willen zur besseren Gestaltung des Bildungswesens aufgegeben und sich der Spar logik ergeben haben. Bildungsabbau ist toll, am tollsten, wenn man’s gar nicht merkt. Lina Weiß

Lina Weiß

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