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Lesermeinung: Die Stadt wurde wieder mal verkauft

Zu „Brandenburger „Tor bekommt Flügel“, PNN vom 22. Februar.

Zu „Brandenburger „Tor bekommt Flügel“, PNN vom 22. Februar.

Spätestens seit der jährlichen Verunstaltung der Brandenburger Straße mit dem hässlichsten Weihnachtsmarkt, den Deutschland zu bieten hat, stellt sich bei mir die Frage: „Wem gehört die Stadt?“ Den Händlern und deren selbst ernannten selbstherrlichen Vertretern oder den Bürgern dieser Stadt?

Nach Ihrem Artikel zu den grandiosen Einfällen für die erneute Vergewaltigung des Brandenburger Tores – man denkt natürlich sofort an die im vergangenen Jahr gottlob durch Bürgerprotest verhinderten gläsernen Torhäuser –, hat sich für mich die Frage beantwortet: Den Bürgern der Stadt gehört der öffentliche Straßenraum der Brandenburger Straße nicht mehr. Die Stadt wurde wieder mal verkauft.

Unter dem Vorwand der in Deutschland stattfindenden Fußball-Weltmeisterschaft (eine sicher sinnvolle Großleinwand könnte man ebenso gut im Volkspark oder auf dem Alten Markt oder dem Lustgarten aufstellen - das sind allesamt bessere Plätze) soll den Händlern der Brandenburger Straße wieder neue Kundschaft zugeführt werden.

Warum eigentlich? Sind deren Waren so schlecht? Der Preis dafür ist hoch: Die Verunstaltung der historischen Bauwerke (im „Jahr der Architektur“ – was sagt eigentlich der städtischen Denkmalschutz dazu?), die Beeinträchtigung der Grundrechte (Ausweitung der Videoüberwachung auf Wohngebiete und öffentliches Straßenland) und eine nahezu obszöne Kommerzialisierung des Volkssports Fußballs. Von der permanenten Lärmbelästigung der Bewohner von 13 bis 24 Uhr und das vier Wochen lang ganz zu schweigen.

Und auch die Händler haben die Rechnung ohne den Kunden gemacht. Ich kenne viele, die während des Weihnachtsmarktes der Brandenburger Straße den Rücken kehren. Nun werden es eben weitere vier Wochen sein, wo die Händler der Straße auf mich und weitere Potsdamer als Kunden verzichten werden müssen: Nicht, weil ich Fußball nicht mag, sondern weil ich Potsdam liebe, und mich der Anblick einer mit Plunder und Kommerz zugeklebten Stadt krank macht.

Parallel dazu eine Werbesatzung zu beschließen, die öffentlichen Museen und Einrichtungen versagt, geschmackvolle kleine Werbe-Fahnen aufzuhängen, passt zu dieser nicht erklärbaren Doppelzüngigkeit der Verantwortlichen in der Stadtverwaltung, die für Geld offenbar alles genehmigen.

Markus Wicke, Potsdam

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