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Lesermeinung: Kampf der Ministerien ums „Spaßbad“

Verletzte Eitelkeit?Es ist unbestritten ein erstrebenswertes Ziel, dass die Stadtväter von Potsdam Einzigartiges für ihre Stadt schaffen wollten, als sie den Bau eines an die historische Mitte unserer Stadt grenzendes Freizeitbad planten.

Verletzte Eitelkeit?

Es ist unbestritten ein erstrebenswertes Ziel, dass die Stadtväter von Potsdam Einzigartiges für ihre Stadt schaffen wollten, als sie den Bau eines an die historische Mitte unserer Stadt grenzendes Freizeitbad planten. Aber rechtfertigt dieser Wunsch, dass die sonst so verbindlichen Verfahrensregeln plötzlich nicht mehr gelten? Jeder Bürger muss sich mit starren Verwaltungsregeln abmühen, jeder Unternehmer muss immer noch für seine Angelegenheiten von Pontius zu Pilatus gehen. Doch wenn ein bekannter Politiker, der nebenbei noch Finanzminister des Landes ist, ein Projekt will, dann gelten offenbar andere Regeln.

Dabei müsste doch gerade Herr Speer als oberster Kassenwart des Landes einen kontrollierenden Blick auf das Ganze haben und damit seiner Vorbildfunktion gerecht werden. Obwohl der Bund der Steuerzahler frühzeitig die Pläne als Steuerverschwendung bezeichnete, konnte der interessierte Zeitungsleser verfolgen, dass Herr Speer von Beginn an vehement für das Projekt eintrat. Schon im Juni des vergangenen Jahres versprach er bei der ersten Vorstellung der Pläne den Potsdamern das Geld für den Bau eines Freizeitbades. Es ist ja ein ehrenwertes Anliegen, wenn Herr Speer sich so für die Landeshauptstadt einsetzt. Doch Potsdam hat bereits viel Geld vom Land erhalten. Das neue Theater der Stadt steht vor der Eröffnung und der Bau des Landtages als Stadtschloss in der Mitte wird für Potsdams Entwicklung sicher gut sein. Da muss doch nun mal ein wenig Bescheidenheit und Sparsamkeit angemahnt werden dürfen. Nicht alle Brandenburger wohnen nämlich in Potsdam, Herr Speer! Oder sollte der derzeitige rüde und unsachliche Ton, den Herr Speer in der Öffentlichkeit gegen seinen Ministerkollegen richtet, Ausdruck seiner verletzten Eitelkeit sein, weil dieser seine Aufgabe ernst nahm und die Wirtschaftlichkeit der überzogenen Pläne genauestens prüfte?

Maria von Pawelsz-Wolf, Potsdam

Zu: „ILB durfte Bad-Antrag nicht bearbeiten“, 16.5.

Was ist mit dem Finanzminister los? Der will seinen Kollegen nicht verstehen, weil dieser der Verschwendung von Steuergeldern einen Riegel vorschiebt? Da versenkt der Potsdamer Oberbürgermeister vier Millionen Euro im Sand, weil er einen brasilianischen Architekten ein Spaßbad ohne Ausschreibung bauen lassen will und als der Wirtschaftsminister die Notbremse zieht, funkt ausgerechnet der Finanzminister dazwischen. Man wird dem Minister die Frage stellen müssen, ob er so gehandelt hätte, wenn er nicht der Potsdamer SPD-Chef gewesen wäre oder das Bad in Cottbus gebaut werden sollte. Landesminister haben eine landesweite Verantwortung. Der Wirtschaftsminister ist dieser Verantwortung gerecht geworden, als er der geplanten Verschwendung Einhalt gebot. Wenn der Finanzminister das nächste Mal von den Brandenburgern verlangt den Gürtel enger zu schnallen, wird er sich fragen lassen müssen, wie glaubwürdig er noch ist und wo sein Sparwillen war, als es um das Spaßbad vor seiner Haustüre ging.

Tanja Mutschischk, Potsdam

Zufälle?

Zur Erinnerung: Ein 99-jähriger Architekt in Südamerika wird vom Oberbürgermeister Potsdams ohne ordentliche Ausschreibung beauftragt, ein Spaßbad zu bauen. Wohl kein Zufall, denn Großprojekte ohne Ausschreibung oder Überprüfung anzugehen, hat in Brandenburg ja eine gewisse Tradition. Der Vorstandsvorsitzende des SV Babelsberg 03 jedenfalls findet den Plan ganz umwerfend. Da ist es ein vernachlässigenswerter Zufall, dass Sponsor des Clubs gleichzeitig Betreiber des Bades werden soll. Ebenso zufällig ist, dass jener Vorstandsvorsitzende des SVB 03 gleichzeitig auch SPD-Unterbezirkschef ist. Und zufällig ist der SPD-Unterbezirkschef auch Landesfinanzminister. Und – ist es Zufall? – obwohl das Land überschuldet ist, ist ausgerechnet der Landesfinanzminister, der sonst immer den hohen Gralshüter der Sparsamkeit markiert, für den Spaßbadbau. Und – was für ein Zufall – als der Wirtschaftsminister die fehlende Ausschreibung als Ablehnungsgrund angibt, verstehen weder der Vorstandsvorsitzende des SVB 03, noch der SPD-Unterbezirkschef, noch der Finanzminister diese Handlung. Ein Schelm, wer an so viele Zufälle glaubt.

Florian Schilke, Potsdam

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