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Lesermeinung: Positive und negative Meinungen zum Flughafen-Desaster

Zu: „Platzeck holt Flughafen-Staatssekretär“, vom 15.1.

Zu: „Platzeck holt Flughafen-Staatssekretär“, vom 15.1.

Die Kritik der Opposition an Matthias Platzeck ist wenig überzeugend. Denn erstens ist der Vorwurf, den Eid gebrochen zu haben, Schaden vom Land abzuwenden, dermaßen abstrakt, dass man ihn täglich gegenüber einer Regierung äußern kann. Und zweitens hat der Ministerpräsident recht, wenn er argumentiert, dass ein Projekt der öffentlichen Hand ebenfalls einer politisch legitimierten Aufsicht bedarf. Zumal andere desaströse Großprojekte, wie etwa die Hamburger Elbphilarmonie, keineswegs besser laufen, bei denen lediglich untergeordnete Bürokraten die Interessen des Steuerzahlers in den entscheidenden Kontrollgremien vertreten. Weswegen bei allem berechtigten Ärger das gegenwärtige Krisenmanagement in die richtige Richtung führt!

Rasmus Ph. Helt, Hamburg

Wowereit das Opfer, Platzeck der Retter – ein Schachzug der SPD

Für wie dumm halten die Politiker ihre Wähler? Wowereit tritt als Aufsichtsratsvorsitzender des BER zurück. Platzeck rückt als Stellvertreter zum Vorsitzenden auf und soll wieder Retter sein. Alles Halbheiten, ohne Konsequenz, den Bock zum Gärtner machen, das ist SPD- Geklüngel. Lächerlich und einfältig nenne ich diesen Schachzug. Zuschauen und Mitmachen. Aufsichtsräte ohne Kompetenz, Wirtschaft ohne Verantwortung. Schluss jetzt mit diesem Dilettantismus! Unfähige Köpfe raus, fähige rein! Das sollte jetzt die Devise sein. Die Mehrkosten wegen Pfusch von den Verursachern, namentlich den Planern, Bauausführenden und Politikern, zurückfordern! Wir befinden uns in einer Wirtschaftskrise, Sparen ist angesagt! Herr Platzeck, Sie haben versagt, nehmen sie ihren Hut und hinterlassen sie bei den Bürgern nicht den Eindruck des Retters!

Brigitte Heise, Brandenburg a.d. Havel

„Niemand hat die Absicht, einen Flughafen zu bauen“

Deutschlandweit sprudelt die Häme. Allerdings ist ein solches Projekt immer schwierig und übersteigt bei Weitem die Fähigkeiten von Otto-Normalverbraucher, der sich immer schon über die hohen Vergütungen der eingesetzten Fachleute aufregt. „Klein Fritzchen“ meint zwar, das sei ungerecht, er müsse genauso viel verdienen. Doch das ist dumm. Auch dürfen im Aufsichtsrat Laien sitzen wie Wowereit und Platzeck. Die Bauherren, und das sind nun mal Berlin und Brandenburg, haben schon das Recht auf Information und Entscheidung wie jeder Häuslebauer auch. Jedoch handelt es sich hier um eine „Mängelliste des Grauens“.

Kapazitäts- und Standortplanung (Sperenberg) sowie vor allem die jetzt aufgedeckten technischen Mängel bei Brandschutz, Kabelkanälen, Kühlung, Tankanlage und vieles mehr, das ist wohl so noch nie da gewesen! Es war nicht nur Schlamperei, sondern – und jetzt wird’s wesentlich – Vorsatz in bewusster Missachtung der amtlichen Baugenehmigung, wohl, um Kosten zu sparen. Das ist kriminell! Man kennt es: Wider besseren Wissens bieten Bauunternehmen zu billig an, um den Zuschlag zu erhalten. Wohl wissend, dass der Bau so nicht zu schaffen ist, aber durch verdeckten Pfusch der Preis so gehalten werden könnte. Verbunden mit der Hoffnung, dass öffentliche Bauherren nicht so genau hinschauen wie private, weil es ja nicht ihr Geld ist.

Das ist ebenso straf- wie zivilrechtlich relevant.Und hier kommt jetzt die Verfehlung des Aufsichtsrates: Zwar müssen die Mitglieder nicht unbedingt Fachleute sein. Aber sie müssen für eine lückenlose Bauaufsicht durch Architekten oder andere Fachleute sorgen. Zu sachkundiger Auswahl und Gegenkontrolle von fachkundigen Kontrolleuren war der Aufsichtsrat verpflichtet. Wen das überfordert, der darf ein solches Mandat nicht annehmen.

Dr. v. Livonius, Rechtsanwalt, Geltow

Warum die Eile? Klimaschützer erfreut über erneute Verschiebung

Viele jammern über das Schönefeld-Debakel. Warum eigentlich? Wir wissen, dass das Großprojekt bereits mit immensen Härten für das Umfeld verbunden war. Am ärgsten betroffen waren die Diedersdorfer Umsiedler. Verkehrsbeeinträchtigungen, Baulärm und Flugsand von der Baustelle gab es im unmittelbaren Umfeld ohne Ende.

Weiter wissen wir, dass das Schallschutzprogramm für den BER noch immer in den Kinderschuhen steckt. Ministerpräsident Platzeck sah sich 2012 sogar veranlasst, es grundlegend aufzustocken. Warum also die Eile? Aus der Sicht der betroffenen Anwohner wirkt das Gejammer über die Verzögerungen beim Eröffnungstermin folglich vollkommen unangebracht.

Aus der Sicht des Klimaschutzes wäre eine völlige Aufgabe des Projektes die beste Variante. Keine neuen Fluggast-Rekorde, keine erweiterten Streckennetze, sondern Rückführung des Flugverkehrs auf ein klimaschonendes Niveau. Mathias Platzeck war einmal ein überaus engagierter, überzeugender grüner Umweltminister in Brandenburg. Auf dem Weg zum Protagonisten eines umweltbelastenden, klimaschädigenden und zudem unnötigen Großflughafens entwickelte er sich vom Paulus zum Saulus. Noch dürfen sich die Klimaschützer in Brandenburg und Berlin daran erfreuen, dass der BER nicht ins Laufen kommt. Noch dürfen wir die Hoffnung hegen, das vom Bürger geforderte Nachtflugverbot durchsetzen zu können. Es wäre ein Durchbruch für ein Primat des Menschen gegenüber (überzogenen) wirtschaftlichen Interessen in diesem Land. Der Bürger bezahlt diesen Flughafen. Dann muss er auch über seine Spielregeln bestimmen können.

Da diese enorme Blamage der technikgläubigen Macher in diesem Land nun einmal eingetreten ist, darf man auch unverhohlen Spaß daran haben. Immerhin hatte die Vorstellung des Riesenvogels A380 vor der ILA-Szenerie noch immer diesen überlebten Mief des Titanic-Größenwahns an sich.

Vielleicht setzen jetzt so langsam weltanschauliche Veränderungen ein. Mehr Biotechnologie, mehr biobasierte Werkstoffe, eine größere Annäherung unserer Technologien an die Vorbilder von Mutter Natur – das sind die Zeichen, die Erfordernisse der Zeit! Was wir uns an Massenmobilität (schon) heute in der Luft leisten, wäre erst auf der Basis emissionsfreier Solargleiter ökologisch akzeptabel. Folglich ist der BER ohnehin um Jahre zu früh dran. Als Klimaschützer hat man viel Freude daran, dass er vermutlich nun noch jahrelang dicht bleibt.

Dr. Bernd-R.Paulke, Potsdam

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