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Lesermeinung: Toleranz durch Dialog

Mit welchen Schwierigkeiten Menschen mit körperlichen Behinderungen leben müssen, ist für die meisten „Nichtbehinderten“ nur schwer vorstellbar. So kann schon ein Bordstein, eine hohe Stufe bei der Straßenbahn oder das Fehlen eines Fahrstuhls ein ungewolltes Ausgrenzen bedeuten.

Mit welchen Schwierigkeiten Menschen mit körperlichen Behinderungen leben müssen, ist für die meisten „Nichtbehinderten“ nur schwer vorstellbar. So kann schon ein Bordstein, eine hohe Stufe bei der Straßenbahn oder das Fehlen eines Fahrstuhls ein ungewolltes Ausgrenzen bedeuten. Um junge Menschen für die Probleme und die Sichtweise dieser Gruppe von Menschen aufzuschließen, wurde durch die Arbeitsgruppe „spina bifida“ des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) das Schulprojekt „Toleranz durch Dialog“ initiiert. Bereits im Herbst 2003 wurde dieses Projekt in den 8. Klassen der Carl-FriedrichBenz-Realschule Potsdam mit ersten Kontakten zu Menschen mit Behinderungen begonnen. Schon in dieser ersten Runde der Begegnung brachten die Schülerinnen und Schüler dieser Klassen den Gästen vom ASB reges Interesse entgegen. Nach der anfänglichen Vorstellungsrunde gab es beim Fragen und Antworten kein Tabu mehr – vom Kochen über das Anziehen bis zum Kinderkriegen und -machen – alles wollten die Jugendlichen in Erfahrung bringen. Hier erfuhren die Benzer auch, dass „spina bifida“ angeborene Querschnittslähmung bedeutet. Dass die Begriffe „behindertenfreundlich“ und „behindertengerecht“ einen großen Unterschied beinhalten, und dass sich Rollstuhlfahrer keineswegs als krank empfinden, war für die meisten neu. So war die Freude auch groß, als einzelne den Rollstuhl ausprobieren durften, um das Gefühl dafür nachempfinden zu können. Und weil sich alle so gut verstanden, entstand die Idee, miteinander Sport zu treiben: Am 21. Januar kamen die Rollstuhlfahrer Maik Franke und Ilka Bischoff, die Projektkoordinatorin des Schulprojektes, zusammen mit ihren Kolleginnen und „Fußgängern“ Tina und Katharina wieder in die Benzschule. Sie brachten sechs Rollstühle zusätzlich mit. Jeder aus der Klasse durfte nach einem ersten Fahrkurs kleine Hindernisse überwinden. Ein Staffellauf auf Rädern brachte auch den Letzten in Schwung. Beim Finale, dem Basketballspiel, wollte am liebsten jeder stets am Ball sein; das Gewinnen des Spiels wurde zur Nebensache, obwohl trotzdem alle gewonnen hatten. Denn ohne große Worte und stundenlange Appelle an die Vernunft, wuchs bei den Benzschülern über das Spiel die Einsicht, dass Menschen mit Behinderungen genauso denken und fühlen, lachen und schimpfen wie die anderen. Karin Neumann Dirk Lenius, Potsdam

Karin Neumann

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