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Ein Portrait Walter Lübckes (CDU) ist am Sarg bei einem Trauergottesdienst zu sehen.

© Swen Pförtner/dpa

Mord an Walter Lübcke jährt sich zum ersten Mal: Und im Internet brodelt der Hass weiter

Wer Menschen markiert und verbal zum Abschuss freigibt, der macht sich mitschuldig, wenn aus geschürtem Hass Taten werden. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Maria Fiedler

Sie bekommen scharfe Patronen mit der Post und Morddrohungen per E-Mail. Ihre Autos werden mit Hakenkreuzen beschmiert. Nachts gibt es Telefonterror. Kommunalpolitiker in Deutschland werden bedroht – in der Mehrzahl der Fälle von rechts, besonders seit der Flüchtlingskrise 2015. Doch bis vor einem Jahr konnte die Polizei sie damit beruhigen, dass solchen Worten noch nie Taten gefolgt sind. Das änderte sich am 2. Juni 2019. Der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke war der erste Politiker, der in Deutschland von einem Rechtsextremisten ermordet wurde. Die Tat war eine Zäsur für die Republik. Und sie könnte sich wiederholen.

Im Internet brodelte der Hass gegen Lübcke, und da wird auch weiter Hass geschürt. Gegen Migranten und nichtweiße Deutsche. Gegen jene, die sich für Flüchtlinge engagieren oder Rechtsextremismus bekämpfen. Und in der Coronakrise sind jene zum Hassobjekt geworden, die zur Pandemie-Eindämmung den Lockdown forderten: der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach etwa oder der Virologe Christian Drosten. Wissenschaftler gehören jetzt mit zum Feindbild.

Wer gegen einzelne Personen aufhetzt, macht sich mitschuldig

Während sich in der Flüchtlingskrise die Erzählung von einem angeblichen „Bevölkerungsaustausch“ verbreitete, wird nun in der Corona-Pandemie so getan, als sei die Errichtung einer Art Gesundheitsdiktatur im Gange. Immer steht im Zentrum der Erzählung eine „volksfeindliche“ Elite.

Dabei wird gezielt gegen einzelne Personen gehetzt, die zu Hassfiguren gemacht werden. Doch wer Menschen markiert und verbal zum Abschuss freigibt, der macht sich mitschuldig, wenn aus geschürtem Hass Taten werden. Konkret: Wer einen Christian Drosten – wie im Netz geschehen – mit dem KZ-Arzt und Massenmörder Josef Mengele gleichsetzt, der stellt den Virologen als das personifizierte Böse dar und stachelt zu Gewalt gegen ihn auf.

Es ist richtig, dass die Regierung jetzt stärker gegen Hass und Hetze im Internet vorgehen will. Denn wenn Menschen, die sich für das Gemeinwohl einsetzen, im Netz bedroht werden und um ihr Leben fürchten müssen, dann ist das eine massive Gefahr für Meinungsvielfalt, für Demokratie und die Freiheit.

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