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Nato: Was ist schon sicher

Die Nato muss ihre Rolle in einer unübersichtlicher gewordenen Welt neu definieren - und Russland in die künftige Planung einbeziehen.

Nach dem Fall der Mauer und dem Zusammenbruch des Ostblocks hieß es über die Nato ironisch, das westliche Verteidigungsbündnis befände sich in der bedauerlichen Situation eines Kriegers, dem die Feinde ausgegangen seien. Heute, 20 Jahre später, stellen Bürger und Politiker resignierend fest: Wie schön würde die Welt sein, wenn es so gekommen wäre … Weil das aber nicht geschah, konnten die Außen- und Verteidigungsminister bei ihrem Treffen in Brüssel dem Novembergipfel in Lissabon jetzt auch nicht die Empfehlung geben, die Waffen einzumotten.

Spätestens mit den verheerenden Anschlägen auf das World Trade Center in New York und das Pentagon in Washington ist klar geworden, dass die Bedrohungslage nicht entschärft, sondern nur wesentlich komplizierter geworden ist. Von einem Schwinden gegnerischen Zerstörungspotenzials kann keine Rede sein. Die Nato führt heute in Afghanistan weit außerhalb ihres ursprünglich definierten Einsatzgebietes einen kaum zu gewinnenden Krieg gegen einen Feind, der den klassischen Beschreibungen einer Konfliktpartei nicht mehr entspricht. Gleichzeitig ist der iranische Präsident Ahmadinedschad nicht nur für Israel, sondern für fast alle westlichen Staaten eine Bedrohung.

Sich dagegen zu schützen, hat die Nato inzwischen als gemeinsame Aufgabe begriffen. Damit ist die Europa spaltende, amerikanische Idee vom Tisch, einen Raketenschutzschild nur zusammen mit Polen oder Tschechien zu schmieden. Daran werden künftig wohl alle 28 Mitglieder des Bündnisses zusammen arbeiten.

Das ist der Moment, an dem die Nato Russland in die Planung einbeziehen muss. Russische Politiker werden, wie zuletzt bei einer Berliner Tagung der Naumann-Stiftung geschehen, nicht müde, um engere Beziehungen zur Nato zu werben. Der russische Botschafter, Wladimir Grinin, wies dabei sogar explizit auf die engen Konsultationen seines Landes mit der Nato beim Vorgehen gegen Iran und Nordkorea hin. Werner Hoyer, Staatsminister im Auswärtigen Amt, bestätigte ihm darauf eine „enge Sicherheitspartnerschaft“.

In der Nato unstrittig bleibt der Artikel 5 des Nato-Vertrages, der den Angriff auf ein Bündnisland als Anschlag auf alle seine Mitglieder definiert. Vernünftig ist die Entscheidung, eine so genannte Cyber-Attacke nicht als Bündnisfall zu definieren, denn wer die klare Beschreibung eines bewaffneten Angriffs durch die Ausweitung des Begriffs auf Internetattacken aufweicht, kommt in die Gefahr, aus einem Missverständnis heraus in eine militärische Konfrontation getrieben zu werden.

Wenn die deutschen Vertreter bei der Brüsseler Konferenz auf nukleare Abrüstung drängen, nehmen sie damit nicht nur die Prager Grundsatzrede von Barack Obama auf, sondern halten ein wichtiges Thema auf der Tagesordnung. Außenminister Guido Westerwelle sollte aber realistisch genug sein, zu begreifen, dass die Nato in einer Welt wachsender neuer atomarer Bedrohungen auf diese Komponente in ihrem Waffenarsenal einfach nicht verzichten kann.

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