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EZB-Präsidentin Christine Lagarde und Fed-Chef Jerome Powell (r.) gaben sich beim Treffen in Jackson Hole vage.

© REUTERS/ANN SAPHIR

Notenbanker-Treffen in Jackson Hole: Lagarde, Powell und die Strategie des Nebulösen

Beim Treffen in Jackson Hole gaben sich die Chefs der Fed und der EZB bewusst vage und signalisieren damit eine neue Phase der Geldpolitik – mit Vorteilen für die Notenbanken.

Ein Kommentar von Astrid Dörner

Vor einem Jahr war die Botschaft klar: Die Zinsen müssen rauf, hatten die Vertreter der US-Notenbank Fed und der Europäischen Zentralbank (EZB) damals unmissverständlich auf dem damaligen Treffen in Jackson Hole kommuniziert.

Es war der Beginn einer Phase, in der die Währungshüter sehr verlässlich ihre nächsten Schritte hatten durchblicken lassen. So waren Marktteilnehmer vorbereitet, als die Zinsen um einen viertel, einen halben oder gar einen dreiviertel Prozentpunkt stiegen.

Von dieser transparenten Steuerung der Zinserwartungen, auch „Forward Guidance“ genannt, haben sich Fed-Chef Jerome Powell und EZB-Chefin Christine Lagarde jedoch verabschiedet. Die nächste Phase der Geldpolitik wird nebulöser sein, vielleicht sogar mit Absicht. Das war die unausgesprochene Botschaft am Freitag, beim großen Treffen der Zentralbanker in Jackson Hole.

Für Powell und Lagarde hat diese Strategie zwei Vorteile: Sie wollen erstens versuchen, die Euphorie an den Märkten zu beruhigen. Würden sie ankündigen, dass das Ende der Zinserhöhungen erreicht ist, liefen sie Gefahr, eine neue große Rally an den Aktienmärkten auszulösen. Das könnte die Finanzierungsbedingungen für die Wirtschaft weiter lockern und die Inflation erneut anfachen. Doch genau das wollen die Zentralbanker verhindern.

Schließlich haben sie zwar mit der Inflationsbekämpfung deutliche Fortschritte gemacht. Doch weder die Fed noch die EZB haben ihre Zielmarke von zwei Prozent erreicht. Die Teuerungsrate liegt in den USA bei 3,2 Prozent, im Euroraum liegt sie bei 5,3 Prozent. Selbst wenn das Ende der Zinserhöhungen erreicht wäre, wollen es Powell und Lagarde nicht zu früh kommunizieren.

Schwierige Zeiten für die Weltwirtschaft

Zweitens verschaffen sich die Notenbanker ohne detaillierte „Forward Gudiance“ Spielraum, die komplizierte Phase zu navigieren, in der sie sich nun befinden. Die Signale aus der Wirtschaft sind nicht eindeutig. Genauso ist unklar, wie stark sich die Effekte der bisherigen Zinserhöhungen in den kommenden Monaten noch auf die Wirtschaftsleistung und den Arbeitsmarkt auswirken werden.

Lagarde gab in ihrer Rede zu bedenken, dass sich Notenbanker in einer neuen Welt zurechtfinden müssen. Sie ist geprägt von geopolitischen Krisen, einer Neuausrichtung der Lieferketten und einem hohen Investitionsbedarf in erneuerbare Energien.

Wie sich Fed und EZB in so einem Spannungsfeld positionieren wollen, ist unklar. Klar ist nur, dass sie ein umfassendes Risikomanagement betreiben müssen. All diese Entwicklungen könnten die Inflation erneut anfachen. Gleichzeitig haben Powell und Lagarde ein großes Interesse daran, die Zinsen nicht unnötig hoch zu schrauben, um eine Rezession zu verursachen.

Für Investoren kann so eine Phase unklarer Ansagen frustrierend sein. Doch sie sollten sich schnell daran gewöhnen. Eine Alternative zu dieser Strategie wird es bis auf weiteres nicht geben.

Dieser Artikel erschien zuerst im Handelsblatt.

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