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PORTRÄT AHMET DAVUTOGLU, TÜRKISCHER AUSSENMINISTER: "Wir sind das mächtigste Land der Region"

Politikprofessor Ahmet Davutoglu könnte einer der einflussreichsten Außenminister in der Geschichte der Türkei werden.

Der langjähriger Berater von Premier Recep Tayyip Erdogan, handelt nach einem einfachen wie ehrgeizigen Grundsatz: Damit die Türkei ihr Potenzial ausspielen kann, muss sie ihre inneren Konflikte (wie die Kurdenfrage) lösen, ihre Wirtschaft stärken und gute Beziehungen zu den Nachbarstaaten anstreben. Dass die Türkei nun diplomatische Beziehungen mit dem Erzfeind Armenien aufnehmen will, entspringt Davutoglus Strategie. Und das nächste große Problem wartet schon auf den Außenminister: Der Konflikt auf Zypern.

Der 50 Jahre alte Davutoglu machte im Jahr 2001 mit dem Buch „Strategische Tiefe“ auf sich aufmerksam, in dem er seine außenpolitischen Vorstellungen darlegte. Lange Zeit war die türkische Außenpolitik wenig kreativ und beschränkte sich darauf, auf internationale Entwicklungen zu reagieren. Das änderte sich unter der Erdogan-Regierung, in der Davutoglu als Berater des Premiers bald eine zentrale Rolle als außenpolitischer Strippenzieher spielte. Nicht immer befand sich Davutoglu dabei im Einklang mit den Diplomaten im Außenamt. So fädelte er im Februar 2006 eine umstrittene Einladung an eine Delegation der radikalislamischen Hamas nach Ankara ein. Das Außenamt war nicht begeistert.

Seit dem Frühjahr steht Davutoglu nun selbst an der Spitze der türkischen Diplomaten. In den vergangenen Tagen besuchte er Syrien, Zypern und Ägypten. Ein glühender Europaanhänger ist der Minister nicht. Er betrachtet die Türkei als eigenständige Ordnungsmacht. Wegen dieses Anspruchs wird er hin und wieder als „Neo-Osmane“ bezeichnet. „Wir sind das mächtigste Land der Region“, sagt er.

Nach den Initiativen zur Lösung des Kurdenproblems und der begonnenen Annäherung an Armenien komme jetzt das Thema Zypern auf die Tagesordnung, sagte eine türkische Zeitung am Mittwoch voraus. Bei seinem jüngsten Besuch im türkischen Sektor Zyperns forderte Davutoglu eine Wiedervereinigung der geteilten Mittelmeerinsel. Auf Dauer wird sich Davutoglu allerdings mehr als solche Appelle einfallen lassen müssen. Möglicherweise hat er bereits einen Plan: Mitreisenden türkischen Journalisten soll Davutoglu auf dem Flug nach Zypern gesagt haben, es stünden „radikale Entscheidungen“ für die Insel bevor.


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