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Porträt: Castros möglicher Nachfolger hat wenig Charisma

Miguel Diaz-Canel ist der zweimächtigste Mann auf Kuba. Sollte Raul Castro seine Amtszeit nicht beenden, würde er an die Spitze des Staates aufrücken. Allerdings sind schon viele als Nummer zwei der Castros gescheitert.

Miguel Diaz-Canel ist Ingenieur und steht nicht gerne im Rampenlicht. Doch das wird in Zukunft schwierig werden, denn am Wochenende ernannte Raúl Castro den Parteifunktionär zum ersten Vizepräsidenten des Staatsrates – und damit zum zweitmächtigsten Mann auf Kuba. „Er ist ein loyaler, ideologisch gefestigter Kamerad“, pries Castro ihn an. Sollte er seine Amtszeit von fünf Jahren nicht beenden, würde Diaz-Canel ihn ersetzen.

Seit 1959 leiten die Castro-Brüder die Geschicke des Landes, umgeben von einer Riege alternder Generäle, die zumeist selbst noch in der Revolution gekämpft haben, Männer wie jener General José Machado Ventura, den Diaz-Canel nun ersetzt. Es ist nicht nur ein Generationenwechsel, sondern auch ein Wechsel der Perspektive.

Canel ist kein Militär, er kennt die Heldentaten der Revolutionäre nur aus Büchern und stammt aus der Provinz. 2003 wurde er zum jüngsten Mitglied in der Geschichte des Politbüros ernannt. Seit einigen Monaten schickt ihn die Führung auf internationales Parkett. Da wirkte er bisher eher hölzern. „Das kubanische Volk wird jeden Angriff des Imperiums auf Venezuela als Angriff auf sein eigenes Vaterland betrachten und entsprechend abwehren“, sagte er bei der Vereidigung in Abwesenheit des krebskranken venezolanischen Staatschefs Chavez im Januar. Privat gilt er hingegen als aufgeschlossen und humorvoll.

Diaz-Canel gehörte zu einer Gruppe junger Kader um den ehemaligen Außenminister Roberto Robaina. In seiner Jugend trug er lange Haare und bewunderte die Beatles. Die meisten Mitglieder dieses „Reformflügels“ fielen jedoch vor zehn Jahren in Ungnade. Diaz-Canel überlebte, wegen seiner Linientreue. Viele Kubaner erhoffen sich daher wenig von ihm. „Er verdankt seinen Aufstieg seinem Gehorsam und seiner Effizienz“, sagt auch Peter Hakim, Ehrenvorsitzender des US-Think-Tanks Inter-American-Dialogue. „Was er wirklich denkt und vorhat, werden wir erst wissen, wenn die Castros nicht mehr da sind“, schrieb die Dissidentin Yoani Sánchez.

Ob Diaz-Canel nach dem Tod der Castro-Brüder genügend Charisma und Machtinstinkt hat, um sich intern durchzusetzen, wird sich zeigen. Wichtig wird sein, ob er den Rückhalt der Streitkräfte gewinnen kann. Sollte er so lange politisch überleben. Nummer zwei der Castros zu sein, hat sich in der Vergangenheit schon oft als Schleudersitz erwiesen.

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