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PORTRÄT URBAN PRIOL KABARETTIST:: „Ich bin gern ein bisschen bunt“

Als kritischer Zuschauer vor allem des Privatfernsehens wähnt man sich ja öfters mal in einer psychiatrischen Anstalt. Viel Menschenzoo, viel Nonsens, viel Quatsch-Comedy.

Als kritischer Zuschauer vor allem des Privatfernsehens wähnt man sich ja öfters mal in einer psychiatrischen Anstalt. Viel Menschenzoo, viel Nonsens, viel Quatsch-Comedy. Von daher hat es sich Kabarettist Urban Priol im ZDF hübsch eingerichtet mit seiner Show „Neues aus der Anstalt“, die auch schon seit 2007 läuft und deren Kulisse immer das Foyer einer psychiatrischen Klinik darstellt. Es hat trotz Comedy-Boom schon schlechtere Zeiten des politischen Kabaretts im Fernsehens gegeben, und wenn es dafür eines Beweises bedurfte, dann ist es die Aufregung nach der jüngsten Folge von „Neues aus der Anstalt“.

Dort hatte Priol die „Heuchelei“ nach dem Unfalltod von Polens Staatspräsident Lech Kaczynski beklagt: „Wie beliebt er war, der in ganz Europa als Nervensäge belächelte Lech Kaczynski. Mit dem wollte doch keine Sau was zu tun haben“, so der Kabarettist in der Show. Das saß und hat in Polen für viel Unmut gesorgt. So sehr, dass ZDF-Programmdirektor Thomas Bellut im polnischen Fernsehen die Wogen habe glätten müssen. Man bedaure, wenn man Gefühle verletzt haben sollte, aber es handele sich nun einmal um Satire.

Schwer zu sagen, ob Priol demnächst Urlaub in Polen macht. Gut vorstellbar auch, dass der in Aschaffenburg geborene Kabarettist, Jahrgang 1961, Mitglied des Netzwerks Attac, Markenzeichen Halbglatze, wilde Haare und bunte Hemden (Zitat: „Ich bin in der grauen Welt gern ein bisschen bunt“), als Feindbild an Stammtischen herhalten muss. Priol ist, zusammen mit Georg Schramm, einer der bissigsten unter den Vertretern des politischen Kabaretts.

Es hat gedauert, bis das überall ankam. Von 2003 bis 2007 führte Priol durch die 3sat-Sendung „Alles muss raus“. Danach ein völlig andersartiges Kabarettformat, „Neues aus der Anstalt“, die erste Politikkabarettreihe des ZDF seit Dieter Hildebrandts „Notizen aus der Provinz“. Man tritt Hildebrandt nicht zu nahe, wenn man Priol in dessen Spur sieht.

Rückzieher wegen der Polen-Geschichte? Muffensausen wegen einer Polit-Nummer? Nein. Priol sagt, er habe „die Rituale rund um Trauerfälle anprangern“ wollen. In der gleichen Nummer, heißt es im „Spiegel“, hatte Priol auch deutlich derber über einen ähnlichen Unglücksfall in Deutschland fantasiert. Dort würde sich „die Bestürzung wahrscheinlich in Grenzen halten, wenn der Bundespräsident nimmer da wäre, dann wären viele versucht zu sagen: wie immer eigentlich“. Markus Ehrenberg

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