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PORTRÄT VOLKER RATZMANN, GRÜNEN-FRAKTIONSCHEF, BERLIN:: "Wir müssen schauen, mit wem es geht“

Die CDU und die schwarz- grünen Spekulationen sind bei ihm gut aufgehoben: Volker Ratzmann, Fraktionschef der Hauptstadt-Grünen, gehört zu denen in der Berliner Politik, die mit Gefühl das alte Denken überwinden.

Nun ist Volker Ratzmann auch noch als Nachfolger von Reinhard Bütikofer im Gespräch: als Kandidat für den Parteivorsitz der Grünen im Bund.

Das hat etwas. Ratzmann gehört zu der Grünen-Generation, die sich von einer Fixierung auf die SPD lösen könnte – wenn es sich lohnt. Er hat ein Gefühl für Macht, er will nach oben oder, um es Grünen-gemäß zu sagen: nach vorne. Sein Fleiß, sein Interesse an Ämtern und seine Offenheit für neue Themen beweisen das. Der Mann, der gerne im hellgrauen Anzug, aber ohne Krawatte unterwegs ist, lebt seit 1979 in Berlin. 48 Jahre alt ist der Jurist vor kurzem geworden. Er arbeitet, wie sich das für einen Berliner Halbtagsparlamentarier gehört, als Anwalt in einer Kanzlei.

Neben dem Fraktionsführungsamt, das er sich mit Franziska Eichstädt-Bohlig teilt, kümmert er sich um die Innenpolitik, interessiert sich für Integration, gehört zur Föderalismuskommission und diskutiert gerne über Politik. Dabei gehört er nicht zu den Zitatproduzenten, weiß aber, wie er durchkommt. Er macht mit bei der Formierung einer Opposition durch gemeinsame Anträge – denn so bekommt er am besten mit, wann man dem Gerede von neuen Bündnissen die Wucht nehmen muss, weil die Partei nicht mitkommt.

Ratzmann kann das: neue Wege gehen und dabei öffentlich Bedenken tragen. Er kann sehr scharf werden und dabei streng aussehen. Man begreift dann ganz plötzlich, warum er zum linken Flügel der Grünen gerechnet wird: dieser Furor, dieser Eifer, diese Überzeugung, Recht zu haben – das ist klassisch links. Als er vor Monaten mit dem liberalen CDU-Mann Peter Kurth über Integration und die Berliner Moscheestreitereien mit der Ahmadiyya-Gemeinde diskutierte, ging es auch um die Vorurteile der Ahmadiyya-Anhänger gegen Homosexuelle und Schweinefleischesser. Statt das einfach zu verurteilen und die westliche Liberalität zu preisen, giftete Ratzmann über krude Thesen katholischer Priester, die er in seiner Jugend gehört habe.

So gesehen ist er ein Mann der zweiten grünen Generation, mit Sinn für das Ideologische wie für politischen Pragmatismus. Und wenn er sich nicht aufregt, wirkt Ratzmann ganz realohaft.

Werner van Bebber

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