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Porträt: „Wir stärken der Regierung den Rücken für Brüssel“

Bei seiner ersten Haushaltsdebatte war er betrunken. Nun hat er erfolgreich eine Europa-Abstimmung torpediert - gegen seinen Parteifreund David Cameron. Der konservative Euro-Skeptiker Mark Reckless will den Austritt der Briten aus der EU - sofort.

Am Mittwoch stand Mark Reckless, bevor er das Wort ergriff, zufrieden an der Barriere zum Plenum des Unterhauses und sah auf das Schlachtfeld, das er angerichtet hatte. Der Tory-Abgeordnete, Ex-Banker und Vorsitzende der parteiübergreifenden „Kampagne für ein unabhängiges Großbritannien“ hatte den Antrag eingebracht, die Regierung möge bei den kommenden Verhandlungen auf eine Kürzung des EU-Haushalts drängen – und wusste, dass er so seinem Namen alle Ehre machen würde. „Reckless“ heißt so viel wie „rücksichtslos“.

Seinen Parteifreund, Premierminister David Cameron, brachte der Abgeordnete damit in Schwierigkeiten, auch, wenn Reckless das selbst anders sieht: „Wir stärken der Regierung mit unserem Antrag den Rücken und verbessern ihre Verhandlungsposition in Brüssel“, erklärte er. Doch da die Labour-Partei auf den Zug aufsprang, war die erste Unterhausniederlage des Premiers perfekt. Reckless hatte 52 Rebellen im eigenen Lager aktiviert.

„Unsere Polizisten müssen seit Jahren Gehaltskürzungen hinnehmen. In der EU-Kommission verdient jeder sechste Beamte über 100 000 Pfund (120 000 Euro), bezahlt einen unglaublich niedrigen Sondersteuersatz und bekommt noch bis 20 000 Pfund Ortszuschlag“, rechnete er vor. Man spürte, wie sich die Parlamentarier, die selbst einen Gehaltsstopp hinnehmen müssen, schüttelten.

Reckless’ Start im Parlament 2010 war wacklig. Nach seiner ersten Haushaltsdebatte war er zu betrunken, um abzustimmen. Seither ist der Glatzkopf der Inbegriff der Disziplin, vor allem, wenn es um Europa geht. Er ist Teil einer Generation junger, euroskeptischer Tories. Früher teilte er mit seinem Fraktionskollegen Douglas Carswell und dem Europaabgeordneten Daniel Hannan eine Wohnung – nun sind sie die treibenden Kräfte der Tory-Euroskeptiker, die auf ein Referendum über den EU-Austritt Großbritanniens hinarbeiten. In dieser Woche bot sich ihnen eine seltene Chance: EU-Haushaltsverhandlungen gibt es nur alle sieben Jahre, eine herrliche Gelegenheit, Sand ins Getriebe zu streuen.

Die andere Zielscheibe war die Europapolitik David Camerons. Dass Reckless zahlreiche Unterstützer fand, wird ihm Mut machen. Im Konflikt zwischen dem Premier, der ein EU-Referendum erst nach Neuverhandlungen über eine neue Form der britischen Mitgliedschaft will, und denen, die wie er sofort austreten wollen, hat Reckless einen wichtigen Teilsieg errungen. Matthias Thibaut

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