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PORTRÄT ZDENEK TUMA PRAGER OB-KANDIDAT:: „Ich habe mich selbst überrascht“

Sein erster großer Auftritt geriet Zdenek Tuma etwas hölzern: In eine Fernsehtalkshow war er eingeladen, und er kam mit Jeans und legerem Pullover. Die lockere Plauderei aber wirkte verkrampft, sein Lächeln war gequält.

Sein erster großer Auftritt geriet Zdenek Tuma etwas hölzern: In eine Fernsehtalkshow war er eingeladen, und er kam mit Jeans und legerem Pullover. Die lockere Plauderei aber wirkte verkrampft, sein Lächeln war gequält. So schnell kann der vermutlich nächste Prager Oberbürgermeister sein vorheriges Amt nicht abstreifen: Bis vor ein paar Monaten war Tuma Vorsitzender der tschechischen Nationalbank, der oberste Währungshüter in Tschechien. Jedes unvorsichtige Wort von ihm konnte den Kurs der tschechischen Krone bewegen – deshalb gewöhnte sich Tuma eine verklausulierte Sprache an. Bis zu seinem Auftritt in der Talkshow kannten ihn die Prager nur mit Schlips und dunklem Anzug.

Es ist genau diese nüchterne Art, die Zdenek Tuma in den Meinungsumfragen vor den heutigen Prager Kommunalwahlen zum heißesten Anwärter auf das Amt des Oberbürgermeisters macht. Er wolle den Kampf gegen die Korruption antreten – und ihm, dem Mann der Zahlen, trauen die Prager das offenbar zu. In den vergangenen Jahren stand das Rathaus der tschechischen Hauptstadt im Mittelpunkt zahlreicher Affären, vor allem im Zusammenhang mit Immobiliengeschäften. Selbst jetzt noch, kurz vor der Wahl, hat die Stadt die Mietverträge für lukrative Ladenlokale in städtischen Immobilien verlängert, teilweise um mehr als ein Jahrzehnt. Eines der betroffenen Geschäfte, haben tschechische Journalisten herausgefunden, gehört der Familie eines einflussreichen Stadtrats. Bei den Pragern ist der Unmut über solche Praktiken groß. Im Volksmund ist aus dem Maria-Platz, an dem das Prager Rathaus steht, schon längst der „Mafia-Platz“ geworden. Die konservative Bürgerpartei ODS, die in Prag bislang allein regiert, dürfte bei der Wahl dramatisch verlieren.

„Mit meiner Kandidatur habe ich mich selbst überrascht“, sagt Zdenek Tuma – eigentlich habe er andere Pläne gehabt. Zehn Jahre lang stand er an der Spitze der Nationalbank, nach den tschechischen Gesetzen muss er danach ausscheiden. Tuma tritt in Prag für die konservative Partei Top 09 an, die erst im vergangenen Jahr entstanden ist und bei den Parlamentswahlen im Sommer aus dem Stand fast 17 Prozent erreicht hat. Vorsitzender der Gruppierung ist Außenminister Karel Schwarzenberg – er war es auch, der Tuma zu einer Kandidatur überredet hat. Für Tuma ist die Kandidatur eine Chance: Das Prager Rathaus gilt in Tschechien als Sprungbrett für die höchsten Staatsämter. Kilian Kirchgeßner

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