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Meinung: Regierungserklärung: Was fehlt

Die gute Nachricht zuerst: Berlin kann sich auch in Zukunft drei Opern leisten. Das jedenfalls sagte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit bei seiner Regierungserklärung.

Die gute Nachricht zuerst: Berlin kann sich auch in Zukunft drei Opern leisten. Das jedenfalls sagte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit bei seiner Regierungserklärung. Da sind wir aber froh. Wir hatten ja schon das Schlimmste befürchtet. Doch jetzt die schlechte Nachricht: Alle Ausgaben des Landes Berlin kommen auf den Prüfstand. So hat es der Senat beschlossen. Na, das kann ja heiter werden.

Zum Thema Online Spezial: Berlin vor der Wahl Einen Mentalitätswechsel forderte Klaus Wowereit. Von wem eigentlich? Wenn die Politik tatsächlich den richtigen Weg einschlagen will, dann ist die gute Nachricht eine schlechte und die schlechte eine gute. Berlin gesundet sicher nicht daran, dass eine Oper geschlossen wird. Aber die Erklärung, dass man sich alle drei Opern weiter leisten kann, vernebelt die Erkenntnis, dass es jetzt endlich ans Eingemachte gehen müsste. Das Signal, das von der Opern-Nachricht ausgeht: So schlimm ist es dann doch nicht.

Jetzt zur schlechten Nachricht, die eigentlich eine gute ist: Alle Ausgaben kommen auf den Prüfstand. Aber haben wir das nicht schon einmal gehört? Vielleicht von vom Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen? Oder der SPD-Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing? Im Grunde ist die Prüfstand-Erklärung ein Offenbarungseid. Was hat die SPD in den vergangenen Jahren im Senat eigentlich gemacht? Zumindest eines konnte man doch erwarten: Dass wenigstens geprüft worden ist, wo noch gespart werden kann. Dann wäre die rot-grüne Landesregierung heute schon einen großen Schritt weiter. Aber so?

Das größte Problem des Übergangssenats ist, dass er am Start schon das Ende vor Augen sieht: Im Herbst wird gewählt. Zu vielen Wählern will man da nicht wehtun. Die größte Hoffnung des Senats: dass er Aufbruchstimmung verbreiten kann, ohne wirklich jetzt schon aufbrechen zu müssen. Das Gefühl in der Stadt beschreibt Klaus Wowereit so: Es sei, als hätte plötzlich jemand eine Käseglocke weggezogen. Aber das ist noch nicht viel. Der dicke Dunst, der sich unter dieser Glocke gestaut hat, muss noch weggeblasen werden. Ob es dazu in den nächsten Wochen kommt, ist mit der Regierungserklärung nicht wahrscheinlicher geworden. Denn bezeichnend ist nicht, was Wowereit sagte, sondern das, was in seiner Erklärung fehlte.

Es schadet nicht, wenn sich ein Regierender Bürgermeister dafür interessiert, was die Leute zu sagen haben. Er kann nach Ideen fragen und sogar um Hilfe bitten, wie es Wowereit tat. Aber derzeit möchte man doch lieber wissen: Was will Wowereit? Und was wird anders? Er wolle "keine Politik von oben herab" machen, erklärt der Regierende Bürgermeister und bietet eine "breite Diskussion" an. Der Senat verstehe sich als Mittler des Bürgerwillens. Das hört sich gut an - aber ist das auch gut?

Abgesehen davon, dass man sich auch hier wundert, warum die Berliner SPD auf diese Idee nicht schon etwas früher gekommen ist: Der "Bürgerwille" ist Teil des Problems, denn der Bürgerwille ist gespalten. Jeder will, dass die Stadt finanziell auf die Beine kommt. Aber wer will dafür bezahlen? Auf den Bürgerwillen kann sich Wowereit nicht zurückziehen. Er muss selbst entscheiden, wie es weitergehen soll. An Reden allein kann er sich nicht messen lassen.

Wowereit hat angekündigt, der Senat werde sich "von der Versorgungsmentalität der Vergangenheit verabschieden und die Stadt auf eigene Füße stellen". Das wäre eine gute Nachricht. Aber auch das hat man schon gehört. An Reden wird sich Wowereit nicht messen lassen können.

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