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Meinung: Sack statt Esel

Die Europäer sollten Irak die Schulden erlassen

Kein Streit sollte zu Lasten Unbeteiligter ausgetragen werden. Das macht jede Scheidung kompliziert, wenn Kinder involviert sind. Das klassische Beispiel dafür, dass sich manchmal der Zorn einer Person verstehen lässt, er aber nicht dessen Tat rechtfertigen kann, liefert die griechische Tragödie. Medea und Jason lieben sich, gemeinsam zeugen sie zwei Kinder. Vorher hatte Medea Jason geholfen, von den Argonauten das Goldene Fließ zu erobern. Doch zurück in Griechenland verlässt Jason sie und plant, sich mit einer anderen Frau zu vermählen. Medea tobt vor Wut. Am Ende rächt sie sich an Jason, indem sie die gemeinsamen Kinder umbringt.

Es gibt gute Gründe, den Irakkrieg abgelehnt zu haben. Drei dieser Gründe liegen auf der Hand: kein UN-Mandat, keine Massenvernichtungswaffen, keine Verbindung zum Terrorismus. Deshalb gibt es auch gute Gründe, die Bush-Regierung nicht zu mögen. Die Opposition im eigenen Land hat sie verhöhnt, die Bedenken der Verbündeten ignoriert. Ihre Arroganz wiederum hat Vergeltungsgelüste geweckt. Frankreich, Deutschland und Russland sind nicht frei davon. Erst stimmten sie in der vergangenen Woche einer neuen UN-Resolution zu, in der alle Staaten aufgefordert werden, sich mit Truppen und Geld am Wiederaufbau des Irak zu beteiligen, dann stellten sie sich hin und verkündeten, genau dies nicht tun zu wollen. Eine solche Haltung kann man albern, feige oder trotzig nennen, je nach Geschmack.

Nur eines sollte klar sein, besonders mit Blick auf die internationale Geberkonferenz, die ab Donnerstag in Madrid tagt: Die Irakis dürfen nicht im Stich gelassen werden. Sie hätten das am wenigsten verdient. Der US-Kongress hat am Freitag die von George W. Bush geforderten Milliardensummen für den Wiederaufbau genehmigt. Japan gibt 1,5 Milliarden Dollar. Im Vergleich dazu sind die 200 Millionen, die die Europäer bislang berappen wollen, lächerlich. Extra-Gelder haben Frankreich, Deutschland und Russland ausgeschlossen, militärische Hilfe natürlich ohnehin.

Doch wie es der Zufall will, sind just diese drei Länder die Haupt-Gläubiger des Irak. Mindestens 150 Milliarden Dollar Schulden hat das Land, angehäuft unter Saddam Hussein. Ein beträchtlicher Teil davon sollte den demokratischen Nachfolgern des Tyrannen erlassen werden. Sollte das Trio auch in dieser Beziehung auf stur schalten, schadet es nicht Bush, sondern dem irakischen Volk. Es wäre eine Geste des Geizes, allein aus Wut geboren. Die aber ist oft der Feind der politischen Vernunft.

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