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Meinung: Sarkozy schnappt nach Luft

Frankreich hat gewählt – und kleinreden kann Nicolas Sarkozy die Niederlage nicht mehr. Zwar ging es bei der Wahl am vergangenen Wochenende nicht um den Staatschef, sondern um die Besetzung der Regionalräte.

Frankreich hat gewählt – und kleinreden kann Nicolas Sarkozy die Niederlage nicht mehr. Zwar ging es bei der Wahl am vergangenen Wochenende nicht um den Staatschef, sondern um die Besetzung der Regionalräte. Aber dennoch ist die Botschaft für Sarkozys Regierung in Paris unmissverständlich: Die Franzosen stellen sich inzwischen ernsthaft die Frage, ob der Reformeifer des Präsidenten ihnen persönlich etwas bringt.

Arbeitsmarkt, öffentlicher Dienst, Steuern, Einwanderung, Kriminalität, Umwelt, Europa – es gab kaum eine Baustelle, auf der der hyperaktive Sarkozy nach seinem Einzug in den Elyséepalast vor drei Jahren nicht zu sehen war. Haften geblieben ist den meisten Franzosen indes vor allem sein Versprechen, dass jeder die Möglichkeit bekommen solle, „mehr zu arbeiten, um mehr zu verdienen“. Die Realität sieht inzwischen aber anders aus: Die Krise hinterlässt auf dem französischen Arbeitsmarkt tiefe Spuren – die Arbeitslosenquote liegt dort über dem deutschen Niveau. Von der Aufbruchstimmung, die Sarkozy bei seinem Amtsantritt trug, ist wenig geblieben. Stattdessen sieht sich seine Regierung einer verunsicherten Bevölkerung gegenüber. Nur jeder Zweite nahm überhaupt an den Regionalwahlen teil. Und wer es tat, gab nicht selten der Front National seine Stimme. Gerade im Umgang mit den Rechtsextremen hat Sarkozys politischer Instinkt versagt. Vor der Wahl hatte er darauf gesetzt, ihnen mit einer Debatte über die nationale Identität das Wasser abzugraben. Dass aber Frankreich andere Sorgen hat, haben die Regionalwahlen überdeutlich gemacht.

Dabei stehen die Zeichen, dass die Zugkraft des Omnipräsidenten Sarkozy erlahmen könnte, schon länger an der Wand. Die Regionalwahlen stellen sozusagen die zweite allgemeine Verunsicherung in der Ära Sarkozy dar. Bereits bei den Kommunalwahlen vor zwei Jahren musste die Regierungspartei UMP empfindliche Einbußen hinnehmen. Der Staatschef tat das Ergebnis seinerzeit als unvermeidliches Protestvotum ab – die Franzosen würden sich schon noch an ihren neuen Präsidenten, seinen Stakkato-Stil, seine Direktheit und die mediale Verwertung seines Privatlebens gewöhnen, lautete sein Urteil damals. Doch so einfach kann es sich der Staatschef diesmal nicht machen. Zwei Jahre vor der Präsidentschaftswahl muss sich Sarkozy entscheiden, welche Strategie er verfolgen will: Soll er eine Reformpause einlegen und damit die Basis beschwichtigen? Oder soll er mit dem unvermeidlichen Umbau auf der Großbaustelle Frankreich im gleichen Tempo fortfahren? Im Zweifel hat sich Sarkozy zunächst einmal dafür entschieden, ein paar Köpfe in der Regierung auszutauschen. An seinem Dilemma ändert das aber nichts: Die nächste große Baustelle, die Rentenreform, ist im Lande denkbar unpopulär. Und doch kann Sarkozy seinen Landsleuten gerade diesen Umbau nicht ersparen.

Der Denkzettel, den Sarkozy gerade erhalten hat, ist deutlich. Allerdings ist die Niederlage nun wieder auch nicht so krachend gewesen, um eines komplett auszuschließen: Sarkozys Wiederwahl im Jahr 2012. Das wissen auch seine Gegner – im eigenen und im linken Lager.

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