zum Hauptinhalt

Türken und PKK: Hardliner triumphieren

Ziel des PKK-Anschlags vom Mittwoch, bei dem neun Mitglieder der türkischen Sicherheitskräfte starben, war es, die Chancen auf eine friedliche Lösung zu zerstören. Und leider ist festzuhalten, dass diese Rechnung aufzugehen scheint.

Panzerminen, Bomben, Artillerie, Kampfjets – im türkischen Kurdengebiet sprechen wieder die Waffen. Zuletzt war es vergleichsweise ruhig in Südostanatolien. Die Regierung in Ankara gestand den rund zwölf Millionen Kurden im Land mehr Rechte zu. Auf kurdischer Seite gab es Ansätze zum Dialog, der inhaftierte PKK-Rebellenchef Abdullah Öcalan verhandelte in seiner Zelle mit türkischen Staatsvertretern.

Ziel des PKK-Anschlags vom Mittwoch, bei dem neun Mitglieder der türkischen Sicherheitskräfte starben, war es, die Chancen auf eine friedliche Lösung zu zerstören. Und leider ist festzuhalten, dass diese Rechung aufzugehen scheint. Reflexartig antwortete die Türkei mit Luftangriffen und Artilleriebeschuss auf PKK-Stellungen im Nordirak. Damit krümmt die türkische Armee der gut verschanzten PKK-Führung in den nordirakischen Bergen zwar kein Haar. Aber die aufgebrachte türkische Öffentlichkeit wird zumindest vorübergehend mit Schlachtenlärm beruhigt.

Die PKK braucht den Krieg, weil sie sonst keine Existenzberechtigung hat. Auch auf der Seite des türkischen Staates gibt es Kräfte, die ihren Vorteil in einer Fortsetzung des Blutvergießens sehen, nicht in dessen Ende: Derzeit steht ein Agent eines Militärgeheimdienstes vor Gericht, der einen tödlichen Bombenanschlag im Kurdengebiet verübt haben soll, um Unruhen zu provozieren. Seit 1984 wird der Konflikt von der einen oder der anderen Seite immer wieder angefacht.

Keine demokratische Regierung kann tatenlos zusehen, wie ihre Soldaten getötet werden. Insofern ist die türkische Militäraktion nach dem Anschlag vom Mittwoch bis zu einem gewissen Grad verständlich. Doch Ministerpräsident Erdogan und seine Mannschaft sollten einen zentralen Grundsatz nicht aus dem Auge verlieren: Letztendlich ist das Kurdenproblem ein politischer Konflikt, dem politisch begegnet werden muss und der mit militärischen Mitteln allein nicht zu lösen ist.

Mutige politische Reformen könnten der PKK das Wasser abgraben, eine großzügige Amnestie für die Kurdenrebellen könnte vielen Kämpfern die Rückkehr ins bürgerliche Leben ermöglichen, eine rückhaltlose Aufarbeitung staatlicher Verbrechen im Kurdengebiet könnte Vertrauen schaffen. Auf kurdischer Seite sollte die Kurdenpartei BDP ihren Parlamentsboykott aufgeben, in den sie sich nach den Wahlen vom Juni verrannt hat, und an den Beratungen über eine neue Verfassung für die Türkei teilnehmen. Ohne Bewegung auf der politischen Ebene werden im Kurdenkonflikt immer wieder die Hardliner triumphieren.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false