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Mais aus Serbien war mit Schimmelpilzen verseucht.

© dpa

Missstände in der Nahrungsindustrie: Vom Pferdefleisch zum Schimmelpilz - der nächste Skandal kommt bestimmt

Die industrialisierte Landwirtschaft wird noch häufig zu Skandalen führen, meint unsere Autorin. Denn zu den komplizierten Handelsbeziehungen kommt eine fast schon kriminelle Sorglosigkeit.

"Wir haben es satt." Unter diesem Motto demonstrierten im Januar Tausende gegen die Agrarindustrie. Was sie und wohl alle Verbraucher besonders satt haben, sind die kleinen und großen Skandale, die in genau dieser Industrialisierung ihre Ursache haben. Aus Lebensmitteln – lebenden Organismen wie Pflanzen oder Tieren – werden in einem voll globalisierten Prozess im besten Fall Nahrungsmittel. Im schlechtesten Fall wird daraus der Gegenstand des nächsten Futtermittelskandals.

Anfang der Woche war es ein betrügerisches Industriekartell aus Brütereien und Hennehalterbetrieben, das offenbar in großem Umfang gegen Tierschutzbestimmungen und Auszeichnungsregeln für Eier verstieß. Am Ende der Woche sind es die Schimmelpilze. Diese können überall auftauchen. Sie sind für die Gesundheit tatsächlich eine Gefahr. Pilzgifte, speziell das sehr giftige Aflotoxin B1, sollten so wenig wie möglich aufgenommen werden. Sie reichern sich zwar nicht im Fettgewebe an, wie das beispielsweise bei Dioxinen der Fall ist, die sehr langsam wieder abgebaut werden. Trotzdem ist das Schimmelpilzgift sehr giftig, sehr krebserregend und erbgutverändernd. In den Mengen, in denen es aktuell in Umlauf geraten sein kann, stellt es wohl keine Gefahr dar. Aber es gehört einfach nicht ins Fressen von Tieren oder ins Essen von Menschen.

Die rund 13 Millionen Kühe in Deutschland leben nicht auf der Weide und fressen dort Gras, obwohl das möglich wäre. Sie leben überwiegend in Ställen und geben unvorstellbar große Mengen Milch, weil sie dazu mit viel proteinreichem Kraftfutter gebracht werden. Also mit Soja aus Brasilien, Argentinien und den USA – in der Regel ist es genverändert. Die Flächen, die dort für den Futtermittelanbau genutzt werden, waren zuvor Viehweiden oder es wurde dort Getreide angebaut. Die Rinder werden in die Regenwälder getrieben, mit ihnen kommen die Holzfäller, irgendwann wird Soja angebaut. Der Rest des proteinhaltigen Futters kommt aus Osteuropa, im aktuellen Fall aus Serbien.

Bei einer so komplexen Lieferkette ist es ein Wunder, dass nicht jede Woche ein neuer Skandal auftaucht. Denn zu den komplizierten Handelsbeziehungen kommt eine fast schon kriminelle Sorglosigkeit. Wenn aus altem Frittenfett und anderen Abfällen fast jede Art Viehfutter werden kann, lädt das womöglich schon zu einer gewissen Schlunzigkeit ein.

Eigentlich sind Futtermittelbetriebe zu Eigenkontrollen verpflichtet. Sie müssen Material, das in den Betrieb kommt, auf Dioxine und andere gesundheitsschädliche Stoffe testen lassen. Darüber müssen sie Buch führen und den staatlichen Überwachungsbehörden Einblick geben. Private Labore, die Gesundheitsschädliches finden, müssen die Behörden informieren.

Nicht zum ersten Mal hat jetzt das Eigenkontrollsystem versagt. Oder das Material wurde in den Betrieben so lange gemischt, bis es unter dem Grenzwert lag. Diese organisierte Verantwortungslosigkeit, sie ist ein Kennzeichen industrialisierter Landwirtschaft.

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