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Wahlplakat von Martin Schulz

© dpa

Wahlkampf der Sozialdemokraten: Nationaler Ton

Im Zweifel als Deutscher den Deutschen wählen: Bei Martin Schulz hörte man am Ende des Wahlkampfes die Fahne im Wind knattern

Auf einem Plakat der Sozialdemokraten steht direkt neben dem Bild ihres Spitzenkandidaten: „Nur wenn Sie Martin Schulz und die SPD wählen, kann ein Deutscher Präsident der EU- Kommission werden.“ Dieser Spruch erfuhr nicht nur im Netz Hohn und Spott – auch in der analogen Wirklichkeit gab es in der SPD und bei den Wettbewerbern böse Kommentare. Weil man meinte, die deutsche Fahne im Wind knattern zu hören, ausgerechnet zur Europawahl und ausgerechnet bei einem Spitzenkandidaten, der immer und überall erklärt hatte, wie sehr er Europa als seine Berufung ansieht.

Unangemessen ist das für eine deutsche Partei, schon gar für eine, die in Willy Brandt den langjährigen Chef der Sozialistischen Internationale stellte; die auf ihren Internationalismus bis heute so viel gibt; die noch dazu alle anderen, die das Nationale in diesem Wahlkampf auch nur erwähnten, hart angriff. Ob die SPD-Wahlkampfmanager wohl meinten, mit diesem Plakat die richtige Alternative für Deutschland zu präsentieren? Und SPD-Chef Sigmar Gabriel erklärte auch noch, dass ihm das Plakat sehr gut gefallen habe.

Das erinnert daran, dass die SPD immer auch diese Seite hatte, links und national, von Kurt Schumacher nach dem Krieg bis hin zu Anklängen auch bei der Ikone Willy Brandt. Das war im Zuge der Wiedervereinigung, oder, wie es führende Genossen früher (westdeutsch) politisch korrekt ausdrückten, vor der Vereinigung zweier deutscher Staaten. Die Union sprach übrigens damals zumeist von zwei Staaten in Deutschland, das zur Unterscheidung.

Energisch werden führende Sozialdemokraten von heute nun dem Eindruck widersprechen, dass der Vorstoß zur Europawahl, wenn nicht als Stimmenfang im nationalistischen Lager, so doch als populistischer Versuch betrachtet werden kann, versprengte Stimmen einzufangen. Im Zweifel als Deutscher den Deutschen wählen – so klingt der Satz auf dem Plakat. „Europa ist mehr als nur ein nationaler Wahlkampf“, dieser Satz von Schulz bekommt da ungewollt nachträglich auch einen anderen Klang.

Zumal gerade die deutsche große Koalition in einem Fall von nationaler Anmaßung das Geschacher über Posten an der Spitze der Europäischen Union beginnt. Und wirkte es auch nur so nach außen: Die Verteilung gewissermaßen unter sich ausmachen zu wollen, sie auf den koalitionären Gängen in Berlin vorzubesprechen, wird bei den kleineren Partnern in Europa zwangsläufig Unwillen hervorrufen. Denn einerlei, ob Martin Schulz Spitzenkandidat der europäischen Sozialisten war oder nicht, zum Schluss spielte die SPD für ihn die nationale Karte. Das bleibt im Gedächtnis.

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