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Zuwanderung: Was bleibt

Der Kompromiss zum Bleiberecht ist ein Minimalkompromiss. Mehr ist mit dieser Koalition nicht möglich.

Wie man einmal über die große Koalition sprechen wird, wenn sie Geschichte ist? Vielleicht so: Sie hat sich nach Kräften bemüht, ein altes deutsches Sprichwort zu widerlegen. Mit Erfolg. Was bei ihr lange währt, wird nämlich selten gut. Föderalismus, Gesundheit – und jetzt: das Bleiberecht. Wochenlang debattierte man, stritt um Details, drohte mit Koalitionskrach, forderte Kanzlerinnen-Machtworte. Hin und wieder wurde eine Einigung verkündet – und schnurstracks von einem der Herren aus München oder Hannover wieder einkassiert.

Jetzt hat das Kabinett doch noch einen Beschluss zum Bleiberecht gefasst. Das ist schön. Auf den ersten Blick jedenfalls. Demnach sollen langjährig geduldete Ausländer ein dauerhaftes Bleiberecht erhalten können. Doch genau im "Können" liegt die Crux: Die Regelung gilt nur für Ausländer, die seit acht Jahren ununterbrochen in Deutschland gelebt haben. Für Familien mit Kindern sind es sechs Jahre. Ebenfalls ununterbrochen. Damit ist klar: Diese Regelung betrifft nur – Achtung, Behördensprech – Altfälle. Eine Zukunftskomponente enthält sie nicht.

Wer also ein "Altfall" ist und nicht zwischendrin mal aus einer vagen Hoffnung heraus oder aus Verzweiflung sein Glück in einem anderen Land versucht hat, der muss bis zum 31. Dezember 2009 nachweisen, sich die 30 Monate davor "überwiegend selbst" finanziert zu haben. Ab 2010 wird dann nichts Geringeres als ein "Dauerarbeitsplatz" verlangt. Das ist perfide, denn zum einen gibt es kaum noch solche Arbeitsplätze, zum anderen kann das Bleiberecht entzogen werden, wenn sich der Job als doch nicht so dauerhaft entpuppt hat. Dauerangst ist die Folge.

Perfide ist auch, dass einige Länder die Flüchtlinge weiter mit Sachleistungen statt mit Geld abspeisen wollen. Wie einem das Lebensmittelpaket bei der seriösen Bewerbung samt Anfahrt helfen soll, bleibt rätselhaft.

Der Kabinettsbeschluss ist ein Minimalkompromiss. Mehr ist mit dieser Koalition nicht möglich. Wenn er jetzt in Bundestag und Bundesrat noch kleiner geredet wird, als er ohnehin schon ist, dann darf sich die große Koalition der Abwandlung eines weiteren Sprichworts rühmen: Schlimmer geht’s immer.

Markus Horeld

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