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Meinung: Wehrdienst: Täuschen und tarnen

Bei größeren Anlässen nennt man so etwas gern ein Machtwort: Der Verteidigungsminister Rudolf Scharping hat soeben die jüngste clevere Idee aus seinem Hause einkassiert. Es wird nun also doch keine generelle Wehrdienst-Befreiung für Verheiratete geben.

Von Robert Birnbaum

Bei größeren Anlässen nennt man so etwas gern ein Machtwort: Der Verteidigungsminister Rudolf Scharping hat soeben die jüngste clevere Idee aus seinem Hause einkassiert. Es wird nun also doch keine generelle Wehrdienst-Befreiung für Verheiratete geben. Denn, sagt Scharping, dies würde die Wehrgerechtigkeit schwächen. Das stimmt, wenn auch etwas anders, als er es verstanden haben will. Der Eheleute-Bonus hätte vor allem einen optischen Nachteil: Er führte die drohende Ungerechtigkeit jedermann drastisch vor Augen. Aber der Abbau des Wehrpflichtigen-Anteils an der Bundeswehr auf etwa die Hälfte des heutigen Standes schwächt so oder so das Prinzip der Wehrpflicht, ja stellt es infrage. Selbst wenn man in Rechnung stellt, dass durch die auf neun Monate verkürzte Wehrdienstdauer mehr junge Männer zum Dienst am Vaterland herangezogen werden als der rechnerische Anteil von 53 000 Wehrpflichtigen suggeriert. Will man nicht zur Lostrommel greifen, werden die Kreiswehrersatzämter also künftig bei der Musterung schärfer aussieben müssen. Das simpelste Verfahren wäre, die gesundheitliche Auswahl zu verschärfen. Dagegen spricht, dass die Bundeswehr der Zukunft eben nicht nur Muskelmänner braucht, sondern gerade auch diese chronisch fehlernährten, unsportlichen Computerhocker. Nimmt man Scharpings Hinweis ernst, besteht die Aufgabe seiner Planer darin, einen möglichst undurchsichtigen Mix an Musterungskriterien zu entwickeln, um die Wehrungerechtigkeit zu vertuschen. Nur: Täuschen und Tarnen hilft nicht. Denn so dumm sind die jungen Leute nicht.

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