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Meinung: „Wir sind in Bedrängnis …

… und fühlen uns ungerecht behandelt. Seine Allheiligkeit reicht die Plätzchen selbst.

… und fühlen uns ungerecht behandelt.

Seine Allheiligkeit reicht die Plätzchen selbst. Wenn Patriarch Bartholomäus I. in seinem Amtssitz am Goldenen Horn Audienz hält, dann kann es geschehen, dass er aufsteht und seinen Besuchern aus einem Silberschälchen reihum Schokoladenplätzchen anbietet. Trotz seiner Würdentitel tritt der „Ökumenische Patriarch von Konstantinopel“ bescheiden auf – dabei ist er das spirituelle Oberhaupt von 330 Millionen orthodoxen Christen in aller Welt.

Als 270. Nachfolger des Apostels Andreas an der Spitze der ältesten christlichen Kirche der Welt ist Bartholomäus I. „Primus inter Pares“ unter den Patriarchen der orthodoxen Kirchen von Alexandria und Antiochien über Russland, Griechenland und Serbien bis nach Amerika. Lediglich die orientalisch-orthodoxen Kirchen erkennen seine Führung seit dem Konzil von Chalcedon im Jahr 451 nicht mehr an. Chalcedon ist heute unter dem Namen Kadiköy ebenso ein Stadtteil der türkischen Millionenmetropole Istanbul wie der Sitz des Ökumenischen Patriarchen in Phanar – heute Fener – am Goldenen Horn. Seit der Gründung der Türkischen Republik, die jeder Religion misstraut, steckt das Patriarchat dort in einem engen Korsett staatlicher Auflagen.

So dürfen seither nur noch Türken zum Patriarchen gewählt werden – eine Anforderung, die der auf einer türkischen Ägäis-Insel geborene Bartholomäus I. erfüllt. Der 65-jährige Theologe war aber keine Notlösung: Mit Auszeichnung absolvierte er 1961 das orthodoxe Priesterseminar Halki, das 1971 vom türkischen Staat geschlossen wurde und dessen Wiedereröffnung zu den zentralen Forderungen der Kirche und auch der EU an Ankara zählt.

Als Patriarch machte Bartholomäus I. sich seit seiner Inthronisierung 1991 einen Ruf als fortschrittlicher Kirchenführer, der sich für die Verständigung zwischen den Religionen einsetzt. Innerhalb der Christenheit arbeitete Bartholomäus I. mit Papst Johannes Paul II. an einer Wiederannäherung zwischen orthodoxer und katholischer Kirche, die sich vor 950 Jahren gegenseitig exkommuniziert hatten.

Der türkische Staat will in diesem spirituellen Führer von hunderten Millionen Gläubigen in aller Welt dennoch bis heute nicht mehr als einen Privatmann erkennen: Weil die Kirche nach türkischem Gesetz bisher keinerlei Rechtsstatus hat, gilt auch ihr Patriarch nur als merkwürdig gekleideter Staatsbürger.

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