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Meinung: Wirre Flieger

Der Junge hieß Mathias Rust. Er kam aus Deutschland.

Der Junge hieß Mathias Rust. Er kam aus Deutschland. Mit einer kleinen Propellermaschine war der 19-Jährige im Jahre 1987 im Zentrum des Gegners gelandet, mitten auf dem Roten Platz in Moskau. Das war während des Kalten Krieges. Am Ende des Skandals musste der sowjetische Verteidigungsminister zurücktreten. In den USA wird nach dem jüngsten Sicherheitsdebakel niemand zurücktreten. Ein 15-Jähriger war am Sonnabend in Florida mit einem Kleinflugzeug in das Gebäude der "Bank of America" gerast. Seine Tat war kein Unfall, sondern Absicht: Der junge Flieger wollte seinem Leben ein Ende setzen. In einem Abschiedsbrief hatte der Teenager Sympathien für Osama bin Laden bekundet. Bei seinem rund zehnminütigen Flug befand er sich außerdem im Luftraum eines wichtigen Militärstützpunktes. Die viersitzige Maschine hatte der Flugschüler gestohlen.

Amerikaner sind mobil. In den USA gibt es Tausende von Privatflughäfen und Zigtausende von kleinen Flugzeugen. Die Flughäfen sind oft nur durch einen Zaun geschützt, in die Flugzeuge einzubrechen, ist ein Kinderspiel. Ohne Zweifel lässt sich die Sicherheit erheblich verbessern. Wachen hier, Schlösser dort, Kontrollen. Die Schüler gehören beaufsichtigt, in besonders kritischen Regionen müssen Überflugsverbote erteilt - und durchgesetzt! - werden. All das ist wichtig.

Dennoch: Vollständige Sicherheit gibt es in einer offenen Gesellschaft nicht. Weder zu Hause, noch in der Luft, auf dem Wasser oder am Boden. Welcher Metalldetektor kann vergiftete Holzpfeile entdecken? Waffen wie Teppichmesser lassen sich zwar verbannen, aber mit einer um den Hals gelegten Schlinge können Menschen ebensogut erpresst und getötet werden. Und wer oder was schützt uns vor Autobomben und Biowaffen?

Wer will, der kann! Das ist so grausam wie leider wahr. Dem Wahn und der Fantasie von Terroristen sind weniger Grenzen gesetzt, als alle wehrhaften Demokraten der Welt glauben wollen. Daraus ein Plädoyer für Nichtstun und Fatalismus abzuleiten, wäre falsch. Natürlich muss alles getan werden, um so viele Anschläge wie möglich zu vereiteln. Aber der beste Schutz vor Terroristen sind keine Terroristen. Verhindert werden muss deren Entstehung, Ausbreitung, Duldung der Terrornetze. Die Ursachen des Terrors müssen bekämpft werden. Ohne Osama bin Laden und seine Al Qaida hätte es die wirren Gedanken eines Teenagers namens Charles Bishop nicht gegeben.

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