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Saaldiener eskortieren Hu Jintao aus dem Saal des KP-Parteitags in China

© Foto: AFP/NOEL CELIS

Update

Parteitag in Peking: Chinas Ex-Präsident Hu Jintao widerwillig aus dem Saal geführt

Der Kongress der Kommunistischen Partei ebnet Xi Jinping den Weg für eine dritte Amtszeit. Der letzte Akt des Parteitages endete aber mit einem Zwischenfall.

Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping hat auf dem Kongress der Kommunistischen Partei in Peking seine Macht noch weiter ausgebaut. Zum Abschluss des nur alle fünf Jahre stattfindenden Parteitages verankerten die 2300 Delegierten am Samstag in Peking seine Ideologie und dauerhafte Führungsrolle noch tiefer in der Parteiverfassung.

Der 69-Jährige will am Sonntag eine ungewöhnliche dritte Amtszeit als Generalsekretär antreten und sich damit über bisher respektierte Altersbegrenzungen hinwegsetzen.

Die sorgfältig orchestrierte, einwöchige Sitzung wurde am Ende von einem Zwischenfall um den früheren Staats- und Parteichef Hu Jintao überschattet. Der gebrechlich wirkende 79-Jährige wurde kurz vor den Verfassungsänderungen von zwei Saalordnern von seinem Platz neben Xi Jinping vom Podium geführt.

Chinas Staatsmedien begründeten dies mit gesundheitlichen Problemen des 79-Jährigen. Hu schien seinen Sitz neben Xi allerdings nur widerwillig zu verlassen.

Als ein Saaldiener ihn am Arm packte, wehrte Hu den Mann zunächst ab, ebenso wie einen zweiten Versuch des Mannes, ihn mit beiden Händen unter den Achseln von seinem Platz zu heben. Gleichzeitig griff Hu nach Papieren auf dem Podiumstisch, die Xi jedoch festhielt.

Nur mit Mühe gelang es dem Saaldiener und einem Kollegen schließlich, Hu zum Aufstehen zu bringen. Nach einem etwa einminütigen Wortwechsel mit Xi wurde der Ex-Präsident schließlich aus dem Saal geführt.

Staatsmedien: Hu habe sich nicht wohl gefühlt

In einer im Onlinedienst Twitter veröffentlichten Meldung der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua hieß es, der 79-Jährige habe sich nicht wohl gefühlt und sei daraufhin aus dem Saal geführt worden. Das Team, das sich um die Gesundheit des Ex-Präsidenten kümmere, habe ihn in einen Nebensaal geführt, so dass er sich dort habe ausruhen können.

Beim Nationalkongress der Kommunistischen Partei Chinas wird Hu Jintao vom Podium geführt

© Foto: IMAGO/ITAR-TASS/Artyom Ivanov

Inzwischen gehe es Hu „viel besser“, hieß es weiter. Der Ex-Präsident habe darauf bestanden gehabt, an der abschließenden Sitzung der Partei am Samstag teilzunehmen, obwohl er sich gerade noch in einer Erholungsphase befinde.

Der einwöchige Parteikongress in Pekings Großer Halle des Volkes fand größtenteils hinter verschlossenen Türen statt, doch waren kurze Zeit vor dem Zwischenfall internationale Journalisten für die Abschlusszeremonie in den Saal gelassen worden.

Ob Hu unfreiwillig den Saal verlassen habe oder nicht, „der Effekt ist der gleiche“, schrieb der China-Experte Alex White auf Twitter. Für die letzte Führungsgeneration der Zeiten vor Xi bedeute der Vorfall eine „totale Erniedrigung“.

„Xi Jinping stellt sich als sein eigener Nachfolger auf“

Die versammelten Delegierten sprachen sich für die Aufnahme mehrerer theoretischer Konzepte in die Verfassung auf. Darunter sind die „Zwei Etablierungen“ (Liang ge queli), mit denen die Machtposition von Xi Jinping als Kern der Partei und die „Ideen Xi Jinpings für den Sozialismus chinesischer Prägung in einer neuen Ära“ als Leitlinie festgeschrieben werden.

Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping verlässt unter Applaus den Kongress der Kommunistischen Partei am Ende der Abschlusszeremonie.

© TINGSHU WANG/Reuters

Auch sollen die „Vier Bewusstseinsbereiche“ (Si ge yishi) ergänzt werden. Sie fordern Loyalität, politische Integrität, die Unterstützung der Führung und ein Einhalten der Parteilinie.

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Pflichtprogramm werden auch die „Vier Selbstvertrauen“ (Si ge zixin), die sich auf den Kurs der Partei, die Parteitheorien, den Sozialismus chinesischer Prägung und die chinesische Kultur beziehen. Schließlich wurde auch die Forderung der „Zwei Erhaltungen“ (Liang ge weihu) ergänzt, die die Schlüsselposition von Xi Jinping und die Autorität und zentralistische, einheitliche Führung der Partei betreffen.

„Die wichtigste politische Neuerung dieses Parteitags ist nicht auf dem Papier zu finden: Anstatt nach zwei Amtszeiten als Generalsekretär für einen jüngeren Nachfolger Platz zu machen, stellt sich Xi Jinping als sein eigener Nachfolger auf“, sagte Katja Drinhausen vom China-Institut Merics in Berlin.

In seinem ersten Jahrzehnt im Amt habe Xi Jinping „große Ambitionen“ für China und die Kommunistische Partei formuliert. „Er hat diese nun untermauert und den Weg dafür bereitet, sie Wirklichkeit werden zu lassen.“

Dritte Amtszeit könnte die bisher schwerste werden

Das neu besetzte Zentralkomitee soll am Sonntag zu seiner ersten Plenarsitzung zusammenkommen, um die Umbildung des Politbüros und seines mächtigen Ständigen Ausschusses zu bestätigen. Dabei soll Xi Jinping als Generalsekretär und Chef der Militärkommission für eine ungewöhnliche dritte Amtszeit bestätigt werden.

Der bisherige Ministerpräsident Li Keqiang wird der künftigen Führungsmannschaft des Landes nicht mehr angehören. Er fehlte am Samstag auf der Namensliste der Mitglieder des neuen Zentralkomitees. Somit kann er auch dem obersten Machtorgan, dem Ständigen Ausschuss des Politbüros, nicht mehr angehören.

Li Keqiang nicht mehr Teil der höchsten Führungsriege

Der 67-Jährige hatte schon angekündigt, auf der Jahrestagung des Volkskongresses im März nach zwei Amtszeiten nicht mehr als Premier antreten zu wollen.

Es hatte aber Spekulationen gegeben, dass Li Keqiang vielleicht Parlamentschef werden könnte, womit er praktisch die Nummer Zwei nach Staats- und Parteichef Xi Jinping geworden wäre. Allerdings halten sich hartnäckig Gerüchte über Differenzen zwischen den beiden, die auch aus verschiedenen Lagern der Partei stammen. Der jetzige Parlamentschef Li Zhanshu verabschiedet sich ebenfalls aus der Führung. Der 72-Jährige war auch nicht mehr im neuen Zentralkomitee zu finden.

Das hohe Parteigremium tritt am Sonntag zu seiner ersten Plenarsitzung zusammen, um das neue Politbüro und Xi Jinping als Generalsekretär für eine ungewöhnliche dritte Amtszeit zu bestätigen. Anders als für den 69-Jährigen gelten für andere Mitglieder der Führung weiter Altersgrenzen. Nach den bisher respektierten Regeln sollen chinesische Spitzenpolitiker im Alter von 68 Jahren kein neues Amt mehr übernehmen.

„Er könnte feststellen, dass seine dritte Amtszeit an der Macht die bisher schwerste ist“, sagte Richard McGregor vom australischen Lowy-Institut. Ein potenzieller Nachfolger werde nicht aufgebaut.

Xi steht damit im Kontrast zum Ex-Präsidenten Hu Jintao: Hu steht laut Experten für das alte „kollektive“ Führungsmodell mit Vertretern verschiedener Fraktionen und mit Altersbegrenzungen. Damit sollte verhindert werden, dass kein Führer wieder so mächtig wird wie der Staatsgründer und Revolutionär Mao Tsetung, der Chaos über das Land gebracht hatte. Geschichte sollte sich nicht wiederholen können.

Doch habe Xi Jinping diese Institutionalisierung abgeschafft und ein personalisiertes System geschaffen, indem ihm kein anderer zu nahe kommen könne, stellte der bekannte US-Politikwissenschaftler Francis Fukuyama in „The Atlantic“ fest.

„Die Konzentration der Autorität durch eine Person hat zu schlechten Entscheidungsprozessen geführt.“ Er nannte unter anderem Xi Jinpings misslungene Interventionen in der Wirtschaft und im Tech-Sektor sowie dessen Festhalten an der strikten Null-Covid-Strategie, die mit Lockdowns zu einer schweren Belastung für die Wirtschaft geworden ist. (dpa, AFP)

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