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Politik: 1533 "Kleine Anfragen" zur Förderpolitik der Regierung sollen den vermissten Respekt verschaffen

Den Mitarbeitern der sächsischen Landtagsverwaltung mag der Schreck in die Glieder gefahren sein, als unlängst zwei PDS-Landtagsabgeordnete ihre Kleinen Anfragen auf den Tisch legten und zwecks Beantwortung um Weiterleitung an die Regierung baten. Was sich da klein nennt, sprengt die üblichen Dimensionen.

Den Mitarbeitern der sächsischen Landtagsverwaltung mag der Schreck in die Glieder gefahren sein, als unlängst zwei PDS-Landtagsabgeordnete ihre Kleinen Anfragen auf den Tisch legten und zwecks Beantwortung um Weiterleitung an die Regierung baten. Was sich da klein nennt, sprengt die üblichen Dimensionen. In genau 1533 Anfragen, jeweils untersetzt mit vier bis fünf Einzelfragen, wollen die PDS-Abgeordneten Auskunft über das Fördermittelwesen des Freistaats. Der Papierstapel ist beachtlich. Seite um Seite werden akribisch die rund 500 Fördermaßnahmen und Haushaltstitel aufgezählt und Zahlen abgefordert. Damit solle eine öffentliche Fördermitteldatenbank eingerichtet werden, hieß es. Die fehle in Sachsen bisher. Förderpolitik aber sei Machtpolitik.

Der Papierstapel ruht in einem Schrank der Landtagsverwaltung. Allein die Erfassung der Anfragen könne mehr als einen Monat in Anspruch nehmen. In der Bemerkung der Verwaltung klingt Fassungslosigkeit durch. Die Kosten für die erforderlichen Kopien werden mit über 85 000 Mark beziffert. In der Staatskanzlei werde die Beantwortung der Anfragen die Tagesarbeit auf Wochen blockieren. Doch mittlerweile ist wieder unklar, ob die Anfragen den Geschäftsgang des Landtages nehmen. PDS-Fraktionschef Peter Porsch, von der Arbeitswut seiner Abgeordneten sichtlich überrascht, stoppte vorerst die Aktion.

Porsch hat offensichtlich Mühe, seine 30-köpfige Truppe, bei der sich fast jeder selbstbewusst mit dem Sprechertitel für irgendeine mehr oder weniger wichtige Angelegenheit schmückt, im Zaum zu halten. Interne Endlosdebatten zehren an den Nerven des PDS-Fraktionschefs, der sich in Realpolitik versucht, ohne dabei auf die schrillen Töne verzichten zu wollen. Dazu gehören die 1533 Anfragen. Thomas de Maizière, der Chef der Staatskanzlei, wurde beinahe ultimativ zu einem Gespräch mit der PDS aufgefordert, um "Licht in das Dunkel der sächsischen Förderpolitik bringen".

Dabei dürfte Porsch weniger die Förderpolitik des Freistaates bewegen. Vielmehr wurmt ihn, dass die PDS trotz ihrer gewachsenen Größe von CDU und Staatsregierung noch immer abschätzig behandelt wird. Von dem einstigen SPD-Chef Karl-Heinz Kunckel heißt es, dass er zu Waldspaziergängen mit Kurt Biedenkopf eingeladen wurde. Der Ministerpräsident und der einstige Oppositionsführer pflegten einen respektvollen Umgang. Nun ist die PDS zweitstärkste Fraktion. Auf gemeinsamen Waldspaziergängen will Porsch nicht bestehen, aber er will respektiert werden. Gleich zu Beginn der Legislaturperiode hatte er, frisch zum Oppositionsführer avanciert, Biedenkopf ein Gespräch angeboten, was der Ministerpräsident aber dankend ablehnte. Das war eine Kränkung, die Porsch nicht vergessen hat.

Das Pochen der PDS auf ihre Kompromissfähigkeit geht seither einher mit dem Versuch, harte Opposition zu sein. So wird einerseits die Hand ausgestreckt und Finanzminister Georg Milbradt (CDU) in seiner Sparpolitik unterstützt. Andererseits wird die parlamentarische Keule geschwungen und mit einem Untersuchungsausschuss über das "System Biedenkopf" gedroht. Und eben mit 1533 Kleinen Anfragen. Das soll heißen: Die PDS kann das Regieren schwer machen.

Eine solche Situation könne durch "einen intakten Gesprächsfaden zwischen Regierung und größter Oppositionsfraktion vermieden werden", hat Porsch in Richtung Ministerriege hintersinnig angemerkt. Das sei Erpressung, ein ungeheuerlicher Vorgang, beispiellos, empört sich Klaus Leroff, der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion. Die Staatsregierung gibt sich da geschäftsmäßiger. De Maizière hat Porsch ein Gespräch zugesagt.

Ralf Hübner

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