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Politik: 17 Tote durch Autobombe in Damaskus

Schwerster Anschlag seit 20 Jahren in Syrien / Spekulationen über Hintermänner

Bei dem schwersten Bombenattentat in Syrien seit 20 Jahren sind am Samstag in Damaskus 17 Menschen getötet worden. Mindestens 14 Passanten wurden verletzt, darunter auch Kinder, als am Morgen nahe einer belebten Kreuzung eine 200-Kilo-Autobombe explodierte. Von dem Anschlagsort im Süden der Stadt geht eine Straße ab zum Flughafen und eine andere zur Grabmoschee von Sayyeda Zaynab, einer Enkeltochter des Propheten Mohammed. Diese Pilgerstätte wird jedes Jahr von rund zwei Millionen Schiiten aus dem Libanon, dem Irak und dem Iran besucht.

Die Polizei sperrte die Gegend weiträumig ab. In Bildern des syrischen Fernsehens waren zerborstene Hausfassaden zu sehen, eine große Zahl beschädigter Autos und ein mit Wasser vollgelaufener Bombenkrater. Syriens Innenminister Bassam Abdul-Majid sprach in einer ersten Stellungnahme im Fernsehen von einem „Akt des Terrorismus“. Wer hinter dem Anschlag stecken könnte, sagte er nicht: „Die Untersuchungen sind im Gange, und sie werden uns zu denen führen, die das gemacht haben.“ Bisher hat sich keine radikale Gruppe zu dem Attentat bekannt.

Syriens Haltung zu militanten Islamisten ist komplex und widersprüchlich. So gingen die Sicherheitskräfte in den vergangenen Jahren mehrfach hart gegen sunnitische Extremisten mit Verbindungen zu Al Qaida vor, die die Sicherheitskräfte für mehrere Überfälle und Bombenanschläge verantwortlich machten. In den 80er Jahren befahl der damalige Staatspräsident Hafez al Assad sogar Luftangriffe auf die Stadt Hama, die eine Hochburg von militanten Muslimbrüdern war. Spuren dieser Militäraktionen sind bis heute in der Altstadt zu sehen. Umgekehrt unterhält Damaskus gute Beziehungen zur schiitischen Hisbollah und gestattet den Waffentransfer vom Iran in den Libanon. Auch der Exilführung der Hamas gewährt Syrien Unterschlupf, genauso wie anderen radikalen palästinensischen Gruppierungen. Die USA hatten das arabische Land in der Vergangenheit mehrfach beschuldigt, internationalen Dschihadisten den Transit in den Irak zu gestatten, was Damaskus bestreitet.

Seit Anfang des Jahres gab es bereits drei spektakuläre politisch motivierte Morde auf syrischem Boden. Im Februar tötete eine Autobombe den Hisbollah- Kommandeur Imad Mughnieh, der in den 80er Jahren für zahlreiche Attentate auf israelische und westliche Bürger verantwortlich war. Die Hisbollah beschuldigte den israelischen Geheimdienst Mossad der Tat und kündigte Vergeltung an. Israel jedoch bestreitet, etwas mit dem Tod des Terrorplaners zu tun zu haben. Im August wurde der syrische General Mohammed Sleiman ermordet, der nach Angaben der angesehenen Zeitung „Al- Hayat“ Verbindungsmann der syrischen Regierung zur Hisbollah war. Und vergangene Woche erklärte der Chef der UN-Atombehörde IAEO, Mohamed Al Baradei, die Untersuchungen des angeblichen syrischen Atomprogramms müssten unterbrochen werden, weil der IAEO-Verbindungsmann ermordet worden sei. Der Experte wurde am Strand nahe der Hafenstadt Tartus unter mysteriösen Umständen erschossen.

Alle drei Morde und auch der Anschlag vom Samstag könnten zusammenhängen mit der sich wandelnden syrischen Politik. Zwar beschuldigte US-Präsident George W. Bush Damaskus vor der UN- Vollversammlung erneut, Terror zu finanzieren. Aber Syriens Präsident Bashar al Assad unternahm in der jüngsten Zeit verstärkte Anstrengungen, um sein Land aus der internationalen Isolierung herauszuführen. Seit Mai existiert ein von der Türkei vermittelter Verhandlungskanal zu Israel. Anfang September besuchte der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy Damaskus – der ranghöchste westliche Staatsgast seit vielen Jahren. Dieses diplomatische Tauwetter allerdings erhöht auch den Druck auf die syrische Führung, Terrorgruppen künftig die Unterstützung zu entziehen.

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