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Im Landtag von Baden-Württemberg bekam der AfD-Kandidat eine Mehrheit.

© dpa

20 Parlamentarier anderer Parteien stimmten für ihn: AfD-Kandidat für das Verfassungsgericht in Baden-Württemberg gewählt

Obwohl die AfD nur 17 Abgeordnete im Landtag von Baden-Württemberg hat, wurde ihr Kandidat mit Mehrheit für das Verfassungsgericht gewählt. Wer ist der Mann?

In den ersten beiden Wahlgängen war Bert Matthias Gärtner noch durchgefallen. Doch im dritten Wahlgang bekam er eine Mehrheit: Der Landtag in Baden-Württemberg wählte den Kandidaten der AfD an den Verfassungsgerichtshof. Während man bei der AfD gratuliert, gibt es auch scharfe Kritik. „Ich bin immer noch entsetzt“, erklärte der Innenexperte der SPD im Landtag, Sascha Binder, in einem Twitter-Video.

Der Kandidat Gärtner erhielt am Mittwoch im dritten Wahlgang 37 Ja-Stimmen. 32 Abgeordnete stimmten mit Nein, 77 Parlamentarier enthielten sich. Bemerkenswert dabei ist: Die AfD hat im Landtag nur 17 Abgeordnete. Das heißt, auch 20 Parlamentarier anderer Parteien gaben dem AfD-Kandidaten ihre Stimme.

Vorgeschlagen als Laienrichter

Was steckt dahinter? Der Verfassungsgerichtshof - das Verfassungsgericht in Baden-Württemberg - besteht aus neun Richterinnen und Richtern. Es gibt drei Gruppen: Berufsrichter, Mitglieder mit der Befähigung zum Richteramt sowie Laienrichter. Der Landtag wählt die Mitglieder und jeweils deren Stellvertreter auf die Dauer von neun Jahren. Alle drei Jahre wird ein Teil der Richter ausgetauscht. In diesem Jahr mussten sechs Posten - drei Mitglieder sowie drei Stellvertreter - neu besetzt werden. Die Fraktionen haben ein Vorschlagsrecht.

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Anfang Juli hatten SPD, Grüne, CDU und FDP gemeinsam einen Wahlvorschlag für fünf Mitglieder des Verfassungsgerichtshof abgegeben. Diese waren auch gewählt worden. Der AfD-Kandidat Gärtner fiel dagegen durch. Er war für einen Stellvertreterposten vorgeschlagen worden, als Mitglied ohne Befähigung zum Richteramt - als Laienrichter also.

Tätig für eine AfD-Abgeordnete

Anschließend hatte der 66-Jährige den anderen Fraktionen einen Brief geschrieben, in dem er für sich warb. Er sei Vater dreier erwachsener Kinder. Seine Heimatstadt sei Dresden, seit 1995 lebe er in Baden-Württemberg. Weiter schrieb Gärtner, er sei diplomierter Sozialwissenschaftler und habe in den vergangenen Jahrzehnten als Geschäftsführer oder leitender Mitarbeiter von Beratungsgesellschaften gearbeitet, vorwiegend im pharmazeutischen und medizinischen Umfeld. Gärtner führte auch sein ehrenamtliches Engagement für Kinder mit Krebs und geistiger Behinderung auf. In dem Brief wird klar, in welcher Beziehung Gärtner zur AfD steht: Er ist für die baden-württembergische AfD-Abgeordnete Carola Wolle tätig.

Im Bundestag noch immer kein AfD-Vizepräsident

Auch wenn Gärtner lediglich als Stellvertreter gewählt wurde, kann es passieren, dass er als Richter zum Zug kommt. Dass wäre beispielsweise der Fall, wenn die Richterin, deren Stellvertreter er ist, krank würde oder anderweitig verhindert wäre. Dass Stellvertreter einspringen, passiert am Verfassungsgerichtshof eher selten. Das Gericht entscheidet unter anderem über die Auslegung der Landesverfassung, über Anfechtungen von Wahlprüfungsentscheidungen und Volksabstimmungen oder über Streitigkeiten bei Volksbegehren. 

Die Kritik entzündet sich nun daran, dass ein Kandidat der AfD, die in Teilen als rechtsextrem eingestuft wird, an ein Verfassungsgericht gewählt wurde. Dass die AfD-Fraktion ein Vorschlagsrecht für den Posten hatte, heißt nicht, dass die anderen Fraktionen den Kandidaten auch wählen mussten.

Im Bundestag beispielsweise steht zwar formell jeder Fraktion ein Sitz im Parlamentspräsidium zu. Es steht aber den Abgeordneten bei ihrer Wahlentscheidung frei, die vorgeschlagenen Kandidaten abzulehnen. So hat die AfD auch nach einer Legislaturperiode noch immer keinen Bundestagsvizepräsidenten, auch wenn sie immer wieder neue Kandidaten aufgestellt hat.

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