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Grundrechte-Report: 500 Euro Schadenersatz für ungerechtfertigte Festnahme?

Der Bürger muss bei Rechtsverstößen mit empfindlichen Geldstrafen rechnen - dem Staat sollte es nach Ansicht von Ex-Verfassungsrichter Kühling nicht anders ergehen. Ein illegal Festgenommener könnte dann Schadenersatz einklagen.

Karlsruhe - Bei illegalen Polizeiaktionen soll der Staat nach Ansicht des früheren Verfassungsrichters Jürgen Kühling den Betroffenen künftig Schadenersatz zahlen. Wiederholt habe das Bundesverfassungsgericht die Justiz wegen rechtswidriger Hausdurchsuchungen gerügt, trotzdem komme es nach wie vor zu solchen Aktionen, sagte Kühling bei der Vorstellung des "Grundrechte-Reports 2007" in Karlsruhe. Ein wirksames Gegenmittel wäre eine "anständige Entschädigung", denn eine Durchsuchung sei eine "ungeheure Demütigung" und ein tiefer Eingriff in die Privatsphäre.

Der Report gilt als "alternativer Verfassungsschutzbericht". Mit ihm warnen Menschenrechtsgruppen vor einem Grundrechte-Abbau durch Ausweitung von Polizeibefugnissen und unzureichenden Rechtsschutz. Kühling nannte den Befund "insgesamt beunruhigend". Der Trend setze sich fort, "Freiheitsrechte einem überzogenen Sicherheitsbedürfnis zu opfern und den Armen mit sozialer Kälte zu begegnen".

In eingekesselter Demonstration wiedergefunden

Kühling verwies auf einen eklatanten Fall missbräuchlicher Polizeigewalt 2002 in Hamburg, bei dem sich eine Rechtsanwältin auf dem Rückweg vom Weihnachtseinkauf unversehens in einer eingekesselten Demonstration wiederfand. Sie sei durchsucht, gefesselt und stundenlang im Polizeibus durch die Stadt gefahren worden. Vor Gericht habe sie 500 Euro Schadensersatz erstritten. "Gegen solche Übergriffe der Polizei ist kein Kraut gewachsen", sagte Kühling - es sei denn, der Staat müsse mit empfindlichen Entschädigungen rechnen.

Ein Autor des Reports moniert die Missachtung höchstrichterlicher Rechtsprechung bei der Novellierung von Polizeigesetzen. Trotz der vom Bundesverfassungsgericht festgelegten hohen Hürden für eine vorbeugende Telefonüberwachung und für Eingriffe in die Privatsphäre hätten mehrere Länder polizeiliche Eingriffsbefugnisse geschaffen, die diese Vorgaben ignorierten, unter anderem Mecklenburg-Vorpommern, Hessen und Schleswig-Holstein.

Herausgeber des Grundrechte-Reports sind unter anderem die Humanistische Union, Pro Asyl und mehrere Juristenvereinigungen. Er erscheint seit 1997 jeweils zum Tag des Grundgesetzes am 23. Mai. (tso/dpa)

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