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Frank Schäffler.

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Absturz der FDP: "Viele lechzen nach einer klassisch liberalen Partei"

Frank Schäffler vertritt seit 2005 die FDP im Bundestag. Im Mai 2010 trat er aus Protest gegen das Euro-Rettungspaket als Obmann der Fraktion im Finanzausschuss zurück. Schäffler kritisiert, dass seine Partei scheibchenweise ihre Positionen aufgibt

Herr Schäffler, Sie fordern eine Neuausrichtung der FDP und haben ein Bündnis namens „liberaler Aufbruch“ gegründet. Was muss sich in der Partei ändern?

Die FDP muss wieder die individuelle Freiheit nach vorne stellen. Wir geben zu oft der sozialdemokratischen Politik aller Parteien in Deutschland nach. Ich glaube, es gibt in Deutschland eine große Anzahl von Menschen, die danach lechzen, wieder eine klassisch liberale Partei wählen zu können. Die FDP muss das Liberale wieder stärker ausstrahlen und sich von den anderen Parteien abgrenzen.

Können Sie ein konkretes Beispiel nennen?

Es war ein großer Fehler, dass die FDP sich dafür eingesetzt hat, Hotelübernachtungen mit dem verminderten Mehrwertsteuersatz auszustatten. Damit haben wir uns den Vorwurf eingehandelt, Klientelpolitik zu betreiben. Die Alternative wäre gewesen, die Mehrwertsteuersätze insgesamt zu überprüfen und beispielsweise nur noch einen Mehrwertsteuersatz zuzulassen. Dann hätten wir die Mehrwertsteuer insgesamt reduzieren können. Wir hätten nicht fragen sollen, was gefällt einer bestimmten Gruppe, sondern was ist für das Steuersystem richtig im Sinne von „einfach, niedrig und gerecht“.

Warum ist die FDP seit Regierungsbeginn so in den Umfragen abgestürzt?

Die Menschen spüren, dass es einen großen Unterschied gibt zwischen dem, was wir sagen, und dem, was wir tun. Das kostet Vertrauen.

Sollte die FDP versuchen, in der Koalition mit der Union stärker die liberale Handschrift deutlich zu machen?

Bei Fragen, die für uns wichtig sind, dürfen wir nicht scheibchenweise unsere Positionen aufgeben. Ein Beispiel dafür sind die Griechenland-Hilfen. Ich finde, eine liberale Bürgerrechtspartei hätte darauf bestehen müssen, dass europäisches Recht nicht geschleift wird. Es gibt doch ein europäisches Regelwerk für Notsituationen, auf das man hätte zurückgreifen können. Bei solchen Themen müssen wir in Zukunft durchsetzungsstärker werden. Bei Opel hat das funktioniert. Da hat die FDP die ordnungspolitisch saubere Linie vertreten, dass der Staat Opel nicht retten sollte, während die Union gewackelt hat. Das ist von unseren Anhängern honoriert worden.

Wie stark ist der Rückhalt Ihrer neuen Gruppierung in der FDP?

Wir haben den „liberalen Aufbruch“ erst vor einer Woche gegründet, mit 14 Politikern aus dem Bundestag und aus der Partei. Aber wir wollen eine gewichtige Stimme auf Parteitagen und in der Fraktion werden. Deshalb wollen wir in den nächsten Wochen auch verstärkt die Basis ansprechen, etwa die Kreisvorsitzenden.

Braucht die FDP für die Neuausrichtung nicht auch einen neuen Parteichef?

Es geht uns nicht um Personen. Die FDP hat im Wesentlichen ein inhaltliches Problem. Wir wollen über einen neuen Weg diskutieren, nicht über neues Spitzenpersonal.

Das Interview führte Cordula Eubel.

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