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 Demonstrantinnen sprechen sich vor dem Amtsgericht Gießen für eine Abschaffung des Paragrafen 219a aus.

© Boris Roessler/dpa

Abtreibungsrecht: Kabinett beschließt Reform des Paragrafen 219a

Aus der Opposition, Wohlfahrtsverbänden und Teilen der SPD-Fraktion kommt heftige Kritik an dem von der Bundesregierung beschlossenen Kompromiss.

Das Kabinett hat am Mittwoch den Gesetzentwurf zur Reform des umstrittenen Paragrafen 219a im Strafgesetzbuch verabschiedet. Der Kompromiss der großen Koalition sieht eine Ergänzung des Werbeverbots für Abtreibungen vor, damit Schwangere sich besser über Ärzte informieren können, die einen Abbruch durchführen. Zugleich sollen die Ärzte eine größere Rechtssicherheit erhalten. Die Werbung für Abtreibung bleibt aber weiter strafbar. An dem Entwurf hatten auch Teile der SPD-Fraktion Kritik geübt.

Die Einigung sieht unter anderem vor, dass Ärzte und Krankenhäuser etwa auf ihrer Internetseite darüber informieren dürfen, dass sie Abtreibungen unter den gesetzlichen Voraussetzungen durchführen. Zudem soll die Bundesärztekammer eine Liste der Ärzte und Krankenhäuser erstellen, die Abbrüche durchführen. Diese soll auch die Möglichkeiten und Methoden umfassen und ständig aktualisiert werden.

In unserem Land wird die Selbstbestimmung der Frauen durch solche Gesetze weiterhin mit Füßen getreten. Wer diese Gängelung der Bürgerinnen mitträgt, darf sich nicht wundern, dass die WählerInnen ihm das Vertrauen entziehen.

schreibt NutzerIn AdeleSanrock

In der SPD regt sich Widerstand gegen den Kompromiss

Gegen den Kompromiss zeichnet sich Widerstand aus den Reihen der SPD ab. Die Abgeordnete Hilde Mattheis kündigte ihre Ablehnung im Bundestag an und sprach sich für eine namentliche Abstimmung aus. „Sichtbar wird Politik, wenn man namentlich abstimmt“, sagte sie der „Passauer Neuen Presse“. „Ich habe mich in dieser Frage immer klar positioniert: Politik sollte sich an der Mehrheit ausrichten. Und die Mehrheit sind nun mal Frauen.“

Die Bundesvorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen (ASF), die Europaabgeordnete Maria Noichl, rechnet mit mehreren Abweichlern in der SPD. Die Reform bedeute nach wie vor „eine Gängelung von Frauen, Ärztinnen und Ärzten. Letztlich ist das eine Gewissensfrage, über die jede Frau und jeder Mann selbst genau entscheiden muss.“

Grüne fordern Abschaffung des Paragrafen

Auch von der Opposition kam Kritik: „Was uns die Bundesregierung bei Paragraf 219a als Lösung zu verkaufen versucht, ist keine wirkliche Verbesserung, sondern ein restriktiver Gesetzentwurf“, erklärten die frauenpolitische Sprecherin der Grünen, Ulle Schauws, und die rechtspolitische Sprecherin der Fraktion, Katja Keul. Beide Abgeordneten forderten eine Abschaffung des Paragrafen.

Auch der Paritätische Wohlfahrtsverband sprach sich für eine Streichung aus. Der Kompromiss sei halbherzig und stelle eine massive Einschränkung des Informations- und Selbstbestimmungsrechtes von Frauen dar. Der Verband warnte zudem vor neuen Rechtsunsicherheiten für Ärztinnen und Ärzte

Dagegen sprach Bundesjustizministerin Katarina Barley von einem „guten Kompromiss“. Er stelle sicher, dass betroffene Frauen in einer persönlichen Notsituation an die Informationen gelangten, die sie benötigten. Die neue Vorschrift sorge für Rechtssicherheit. „Wir stellen sicher, dass Ärzte, Krankenhäuser sowie andere Einrichtungen die Möglichkeit haben, selbst öffentlich darüber zu informieren, dass sie Schwangerschaftsabbrüche durchführen“, sagte Barley. Die rechtspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU), bezeichnete den Entwurf als „klassischen Kompromiss“. Der Paragraf bleibe erhalten, gleichzeitig werde sichergestellt, dass Informationen leichter über „neutrale, öffentliche Stellen“ abgerufen werden könnten. KNA

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