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Afghanistan: „Die Taliban werden schwächer“

Wie zwei afghanische Politiker in Berlin um internationale Unterstützung bitten.

Sieht so ein Missverständnis zwischen Kulturen aus? Die beiden afghanischen Gouverneure sind nach Berlin gekommen, um Erfolge in ihrem Land zu beschreiben – und um Unterstützung zu werben. Zwei Herren in Anzügen, mit Bart, aber auch mit Krawatte. Der eine, Sayed Fazlullah Wahidi, ziemlich grau meliert und gemütlich mit Brille und Pullunder, Jahrgang 1951, ist seit gut einem Jahr Gouverneur in der Ost-Provinz Kunar. Die hat 240 Kilometer Grenze zu Pakistan. Sein Begleiter, dunkler Typ, nicht sehr groß, knapp 20 Jahre jünger, ist seit Juli Gouverneur der Provinz Wardak westlich von Kabul: Mohammad Halim Fidai. Sie gelten bei Gebern als vorbildlich.

Sie wollen wohl signalisieren: Wir wissen, wie der Westen tickt. Doch dann gibt es Momente, die strahlen etwas von missverstandenem Wohlverhalten aus. Wahidi und Fidai wollen die Nachricht verbreiten: Es geht voran. Wir schaffen es, aber wir brauchen noch Hilfe. Und: Sicherheit ist die Bedingung für Entwicklung. Das, was viele Deutsche vorrangig fordern.

„Es wird zu wenig über den Fortschritt geredet und zu viel über Probleme“, moniert Fidai, es gebe Fehlinformationen. Beide Politiker verweisen auf die vielen Mädchen, die in den Unterricht gehen, Schulen und Kliniken, Straßen, die es vor sechs Jahren noch nicht gab. Zweifellos große Erfolge. In seiner Provinz gebe es keine einzige dauerhafte Operationsbasis für Aufständische, sagt Fidai. Studien, die von einem Erstarken der Taliban sprechen, weist er brüsk zurück. „Die Taliban werden schwächer und schwächer.“ Für viele Überfälle seien Kriminelle verantwortlich, nicht Taliban. Deren Einfluss werde übertrieben.

Doch das System ist noch nicht stabil. Den Boden für langfristige Entwicklung müsse das Militär bereiten, „nicht die Zivilisten“, so Wahidi. Sicherheit zuerst bedeutet für die beiden mehr Truppen. Nicht zum Kämpfen, sondern als Grundlage für Entwicklung. Die Ankündigung des künftigen US-Präsidenten Barack Obama, die Truppen in Afghanistan aufzustocken, ist ihnen willkommen. Über die US-Bemühungen bei der Ausbildung der Polizei verlieren sie kein Wort. Wahidi möchte auch im Osten deutsche Hilfe. Wenn er die Situation an der Grenze beschreibt, dürfte es aber jeden Grenzschützer grausen. Die Stämme lebten diesseits und jenseits, sie wechselten hinüber und herüber, Afghanen, Pakistaner. Gibt es „die“ Grenze? Wie war das mit dem Rückzugsraum Pakistan?

Fidai schwärmt, die Bauern hätten eingesehen, dass sie die Opiumproduktion einstellen müssten. Nun gehe es um die Alternativen. Fidai sagt zunächst, er wisse nicht, wie viel ein Bauer für Opium erzielt. Ob er Angst hat, man könnte ihn mit den Drogen in Verbindung bringen? Die Erlöse aus dem Opiumhandel sind aber wichtig, wenn es um Alternativen zu den Drogen geht. Fidai setzt auf Äpfel, Kirschen, Safran. Sein Partner spricht es aus: Die andere Seite bezahlt die Leute.

Die Runde wird wohl von der Furcht getrieben, die Nato und die Geber könnten aus Frust über die langsame Entwicklung Afghanistan aufgeben.

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