zum Hauptinhalt
Immer auf der Hut. Isaf-Soldaten in Afghanistan.

© AFP

Afghanistan: Obamas General: Rammt Eure Zähne in den Feind!

US-General David Petraeus wendet sich mit einem flammenden Appell an die Truppen in Afghanistan. Der neue Kommandeur schwört alle Isaf-Soldaten auf einen harten Kampf gegen die Taliban ein.

Von Michael Schmidt

Mit martialischen Worten hat US-General David Petraeus, Kommandeur aller Truppen in Afghanistan, die Soldaten am Hindukusch auf einen harten Kampf gegen die Taliban eingeschworen. In einer vierseitigen Leitlinie, die am Sonntag verbreitet wurde, schreibt der erst vor einem Monat zum Nachfolger des wegen Indiskretionen geschassten US-Generals Stanley McChrystal ernannte Petraeus: „Jagt den Feind ohne Unterlass“.

Nach den mit rund 200 Toten Soldaten verlustreichsten Monaten seit Einsatzbeginn vor acht Jahren appellierte der 57-Jährige an die 120 000 Männer und Frauen der Nato-Schutztruppe (Isaf): „Gemeinsam mit unseren afghanischen Partnern rammt eure Zähne in das Fleisch der Aufständischen und lasst nicht mehr los.“ Und er fügte hinzu, „wenn die Extremisten kämpfen, lasst sie den Preis dafür zahlen. Findet und eliminiert diejenigen, die die Bevölkerung bedrohen. Lasst sie die Unschuldigen nicht einschüchtern. Nehmt das ganze Netzwerk ins Visier, nicht nur Einzelne“. Die Leitlinie gilt für alle Isaf-Truppen in Afghanistan, auch für die rund 4600 Soldaten der Bundeswehr.

Sie beginnt mit der Mahnung, die Isaf-Truppen seien zum Schutz der Bevölkerung in Afghanistan. „Die Menschen sind das wichtigste Feld“, schreibt Petraeus. „Nur wenn wir ihnen Sicherheit bringen und uns ihr Vertrauen erarbeiten, können die afghanische Regierung und wir gewinnen.“ Deshalb sollten die Soldaten immer nah bei den Menschen wohnen, ihre Patrouillen zu Fuß statt im Panzerwagen durchführen und den Tod von Zivilisten vermeiden. Außerdem erläutert der Vier-Sterne-General, dass die Taliban nicht die einzigen Feinde seien, das Volk werde ebenso durch schlechte Regierung, Korruption und Machtmissbrauch bedroht. Die Richtlinien enden mit der Aufforderung, „zeigt Initiative. Wenn es keine Führung oder Befehle gibt, mutmaßt, was der Befehl hätte sein können und führt ihn aggressiv aus“.

Die Wortwahl des Dokuments könnte darauf hinweisen, dass die US-Truppen ihr Vorgehen am Hindukusch noch verschärfen wollen. Offenbar plant Petraeus, vor allem die gezielten Tötungen von prominenten Taliban und Al-Qaida-Kämpfern auszuweiten. Dafür spricht auch ein Artikel der „New York Times“, die am Sonntag berichtete, die militärische und politische Spitze sehe in gezielten Tötungen den einzigen Weg, um die Taliban in die Knie zu zwingen. Es gehe darum, den Taliban Angst vor einem Aufstieg in den eigenen Hierarchien zu machen, weil sie ab einer bestimmten Ranghöhe zu Zielen würden. Dem Bericht zufolge hoffen die Strategen in Washington, dass die Taliban dadurch an den Verhandlungstisch gezwungen werden könnten.

In Deutschland dürften diese Nachrichten neuerlich Irritationen auslösen. Unter dem Eindruck von Medienberichten, wonach die Bundeswehr an der Erstellung von Fahndungslisten beteiligt gewesen sein soll, auf Basis derer US-Spezialkräfte hochrangige Taliban gezielt töten, war die Debatte über den Afghanistaneinsatz am Wochenende ohnehin schon mit neuer Vehemenz wieder aufgeflammt.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false