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Afghanistan-Streit: Gates: Deutschland hat "überempfindlich" reagiert

Sicherheitskonferenz in München: Der US-Verteidigungsminister warnt erneut vor einer Spaltung der Nato. "Wir dürfen keine zweigeteilte Allianz werden aus denen, die bereit sind zu kämpfen und denen, die dies nicht sind." Aber er schlägt auch versöhnliche Töne an.

US-Verteidigungsminister Gates hat vor einer Spaltung der Nato gewarnt: "Eine solche Entwicklung mit all ihren Konsequenzen würde die Allianz zerstören." In Afghanistan müsse die Nato zusammenstehen, um sich der Herausforderung zu stellen. Dabei dürfe kein Verbündeter gezwungen sein, "einen unangemessenen Anteil am Kämpfen und Sterben zu übernehmen". Mit Blick auf die Debatte über den deutschen Einsatz betonte er, niemand sei "individuell verantwortlich, mehr zu tun". Vielmehr handele es sich um eine kollektive Verpflichtung des Bündnisses. Die USA hätten schon viel zu dem NATO-Einsatz beigetragen.

"Deutschland ist vielleicht ein wenig überempfindlich"

Mit seinen Forderungen habe er in keiner Weise mit dem Finger auf Deutschland zeigen wollen, sagte Gates und lobte ausdrücklich das Engagement der Bundeswehr im Norden Afghanistans. Alle seien dankbar für den Beitrag, den Deutschland leiste. "Deutschland ist vielleicht ein wenig überempfindlich."

Das Treffen von Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) und Gates sei "in ganz hervorragender Atmosphäre verlaufen" und von Freundschaft und Vertrauen geprägt gewesen, sagte Jung. Es sei kein Druck auf Deutschland ausgeübt worden.

Andere Länder nicht zu "Sündenböcken" machen

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hatte am Samstag Forderungen nach einer Ausweitung des Bundeswehr-Einsatzes erneut zurückgewiesen. Der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle stellte sich hinter die Position der Bundesregierung. Die große Mehrheit des Bundestages und auch der deutschen Bevölkerung lehnt einen Bundeswehr-Einsatz im Süden Afghanistans ab. Es mache keinen Sinn, den "erfolgreichen" Beitrag der Bundeswehr im Norden Afghanistans zu reduzieren, um auch in anderen Teilen des Landes aktiv zu werden. In München demonstrierten am Samstag mehrere tausend Menschen weitgehend friedlich gegen die Konferenz. Bis zum Abend sprach die Polizei von einem nahezu störungsfreien Ablauf der Proteste, es habe lediglich 17 Festnahmen gegeben.

Kritische Töne schlug auch Grünen-Chef Reinhard Bütikofer an. Er warnte die USA davor, in der Diskussion über den Afghanistan-Einsatz andere Länder zu "Sündenböcken" zu machen. Deutschland thematisiere ja auch nicht die Schwächung des US-Engagements in Afghanistan durch den Irak-Krieg.

Gates reagierte auf diesen Vorwurf und sagte, er wolle niemanden zum Sündenbock machen. "Wenn wir in der Lage sind, den Schulterschluss zu zeigen, können wir siegen", sagte Gates. Und betonte zugleich, zivile Wiederaufbaumaßnahmen sowie die wirtschaftliche Entwicklung und der Kampf gehörten zusammen. Bislang seien die Aktionen oft noch zu wenig aufeinander abgestimmt. Gates schlug vor, einen Europäer zum Koordinator aller zivilen Projekte in Afghanistan zu machen.(kj/dpa)

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