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Allensbach-Studie: Deutsche fühlen sich weniger gut verarztet

Die Zufriedenheit mit dem deutschen Gesundheitssystem sinkt. Einer neuen Studie zufolge, fiel die Zahl der zufriedenen Bürger um fünf Punkte auf 59 Prozent. Das Gesundheitsministerium kritisiert die Studie als "interessengeleitet".

Zunächst klingt es wie eine gute Nachricht. 59 Prozent der Bürger geben dem deutschen Gesundheitssystem die Noten "gut" oder "sehr gut". Das Dumme daran ist nur: Vor einem Jahr lag der Anteil der Zufriedenen noch bei 64, vor fünf Jahren gar bei 77 Prozent. Der Missmut über die medizinische Versorgung wächst, wie eine Allensbach-Umfrage ergab, und die Befragten sehen das auch so. 60 Prozent der Bürger und 57 Prozent der Ärzte sehen und beklagen eine spürbare Qualitätsverschlechterung in den vergangenen drei Jahren.

Entsprechend pessimistisch sind die Zukunftsprognosen. 87 Prozent der Ärzte prophezeien eine Entwicklung zu immer mehr Zwei-Klassen-Medizin, 71 Prozent glauben, dass ihnen noch weniger Zeit für ihre Patienten bleibt. Die wiederum sorgen sich vor allem um Kostensteigerungen. Drei von vier Befragten rechnen mit höheren Zuzahlungen für Medikamente, 82 Prozent mit weiter steigenden Beiträgen. Dass eine Gesundheitsversorgung auf heutigem Niveau und für alle in den nächsten zehn Jahren noch gewährleistet ist, bezweifeln 61 Prozent der Bürger und 81 Prozent der Mediziner. Und nicht einmal jeder Sechste aus beiden Gruppen glaubt noch daran, dass es der Politik gelingt, eine gute Gesundheitsversorgung auch längerfristig zu garantieren.

Gesundheitsministerium: Studie ist interessengeleitet

"15 Jahre Dauerbudgetierung" hätten ihre Spuren hinterlassen, kommentierte der Präsident der Bundesärztekammer, Jörg-Dietrich Hoppe, das Ergebnis . Dass es noch so gut ausgefallen sei, liege einzig am Engagement der Mediziner. So gaben 76 Prozent der Hausärzte und 70 Prozent der Fachärzte an, Leistungen zu erbringen, die ihnen nicht honoriert würden. Über hohen Kostendruck klagen 69 Prozent der niedergelassenen Mediziner. Die Klinikärzte hingegen leiden mehrheitlich darunter, zu wenig Zeit für ihre Patienten zu haben. 40 Prozent ihrer Arbeitszeit flössen in die Bürokratie, sagte Hoppe. Außerdem lasse der Staat den Ärzten immer weniger Freiheit bei der Patientenbehandlung. Die Folge, laut Hoppe: "Die Menschlichkeit im Gesundheitswesen befindet sich auf abschüssiger Bahn." Nahezu alle Reformgesetze der vergangenen Jahre folgten einer "eher mechanistischen Vorstellung des therapeutischen Geschehens". Diese sei "primär an ökonomischen Zielen" orientiert. Der Patient solle zum "Kostenfaktor", der Arzt zum "Kostenminimierer" degradiert werden.

Der Studie zufolge rechnen denn auch 94 Prozent der ostdeutschen und 59 Prozent der westdeutschen Mediziner mit einem Ärztemangel in ihrer Region. 85 Prozent haben "keinen guten Eindruck" von der Gesundheitspolitik der Regierung. Und der geplante Gesundheitsfonds wer de, so meinen 61 Prozent, den Kostendruck wei ter steigen lassen. Dennoch sehen 56 Prozent der Bürger die Gesundheitsversorgung mit dem Fonds nicht nachhaltig gesichert, 39 Prozent erwarten dadurch weitere Leistungskürzungen. Allerdings gab ein Viertel der Befragten zu Protokoll, von einem Gesundheitsfonds noch nie etwas gehört zu haben, ein weiteres Viertel hatte keine Ahnung, was er bedeutet.

Das Gesundheitsministerium übte scharfe Kritik an der Studie. Die vom Finanzberater und Versicherungsvermittler MLP in Auftrag gegebene Umfrage sei klar interessengeleitet und gegen das System der gesetzlichen Krankenversicherung gerichtet, sagte Sprecher Klaus Vater dem Tagesspiegel. Dass sich ein Ärztepräsident dafür einspannen las se, sei ein "merkwürdiger Vorgang". Hop pe gehöre aber seit langem "zu denen, die unsere Gesundheitsversorgung systematisch herunterreden und sich dann über wachsende Skepsis in der Bevölkerung wundern".

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