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Ein Blick in den Plenarsaal des Bundestags. Am Rednerpult steht Jens Spahn.

© Christophe Gateau/dpa

Parlamentarische Staatssekretäre in der Kritik: Als Grußonkels und Vertretungstanten überflüssig

Warum es gern mehr Parlamentarische Staatssekretäre geben darf - wenn sie richtig eingesetzt werden. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Albert Funk

Welch ein Aufreger: 35 Parlamentarische Staatssekretäre hat die große Koalition, so viele wie nie, heißt es. Sind das nicht überflüssige Pöstchen, viel zu gut bezahlt? Und lässt sich die Geschäftsordnung der Bundesregierung nicht so verstehen, dass jedes Ressort eigentlich nur einen Parlamentarischen Staatssekretär haben sollte? Nun ja, die Kritik an den Zusatzeinkommen der „Parlamentarischen“ ist so unberechtigt nicht. Denn die vor 50 Jahren eingeführten Posten, seit jeher in der Kritik, werden nicht immer und durchgehend so genutzt, wie es sinnvoll wäre.

Regieren ist ein komplexes Geschäft, und wenn sich die Bundesminister dafür Verstärkung aus dem Parlament in ihre Ressorts holen, ist dagegen grundsätzlich nichts einzuwenden. Wesenskern parlamentarischen Regierens ist die Verzahnung von Legislative und Exekutive, nicht deren Trennung. Die regierende Parlamentsmehrheit soll die Spitzen der Exekutive stellen. Dass das nur ein Politiker je Ressort sein soll und ansonsten die beamteten Staatssekretäre die Führung innehaben, ist keineswegs im Sinne parlamentarischen Regierens. Es geht um das Lenken und das Kontrollieren der Exekutive. Dass Kontrolle der Bürokratie in aller Regel nicht schmeckt (nach dem Motto: Minister kommen und gehen, die Verwaltung bleibt bestehen), ist ein Grund mehr, sie zu verstärken.

Richtig eingesetzt sind sie nützlich

Parlamentarische Staatssekretäre können da, richtig eingesetzt, nur nützlich sein. Jüngere Abgeordnete bekommen einen direkteren Einblick in die Exekutivmotorik und können Regierungsverantwortung üben. Erfahrene Abgeordnete wiederum können Stützen eines Ministers sein, weil sie das Geschäft kennen und mit den Eigenwilligkeiten und Eigengesetzlichkeiten eines Beamtenapparats umgehen können. Insofern dürfen es gern auch mehr Parlamentarische Staatssekretäre sein.

Nur sollten sie dann auch als echte Mitglieder der Regierung eingesetzt werden, mit klaren Zuständigkeiten und nicht als Grüßonkel und Vertretungstanten immer dann, wenn der Minister verhindert ist. Sie sollten nicht Inhaber eines gut dotierten Belohnungs- oder Trostpflasterpöstchens, sondern tatsächlich so etwas wie Juniorminister oder Fachminister für bestimmte Aufgaben innerhalb eines Ressorts. Tatsächlich sind sie oft genug aber nur deutlich überbezahlte Randfiguren in den Ministerien, von den beamteten Mandarinen kaltgestellt, die sich gegen Kontrolle und Lenkung schon zu wehren wissen, oder vom eigenen Minister hintangestellt.

Offenbar verfährt Olaf Scholz mit seinen beiden „Parlamentarischen“ im Finanzministerium so, deren Wirkungsbereich gegenüber der bisherigen Praxis eingeschränkt sein soll. Was spräche aber dagegen, auch eine Haushaltsministerin zu haben, die vor allem den parlamentarischen Prozess  begleitet, oder eine Ministerin, die zum Beispiel eine Art G-20-Zuständigkeit hat?

Und außerdem: Warum regen sich viele über die Zahl der Parlamentarischen Staatssekretäre auf, aber nur wenige darüber, dass ein Drittel des Kabinetts gar nicht zur Wahl stand und gar kein Bundestagsmandat besitzt? Darunter immerhin zwei Führungsfiguren der Regierung, nämlich Olaf Scholz und Horst Seehofer.

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