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Politik: „Als hätte es das Kyoto-Protokoll nie gegeben“

Bei der Klimaschutzkonferenz verhindern USA neue Ziele

Erfolg ist relativ. Beim Klimagipfel in Delhi feiern es die Europäer bereits als einen Teilerfolg, dass sich die rund 3000 Delegierten darauf haben einigen können, in der Abschlusserklärung das Klimaschutz-Abkommen von Kyoto zumindest zu erwähnen. Der Satz, um den bereits beim Weltgipfel in Johannesburg Ende August gekämpft worden war, hat es nun auch in die Delhi-Deklaration, die am Freitag beschlossen werden soll, geschafft: „Parteien, die das Kyoto-Protokoll ratifiziert haben, sollten andere Parteien, die dies noch nicht getan haben, nachdrücklich drängen, das Kyoto-Protokoll zeitig zu ratifizieren.“

Der Klimaprozess tritt derzeit etwas auf der Stelle. Bevor Russland das Kyoto-Protokoll ratifiziert hat, dürfte das auch so bleiben. Auch in Delhi versprach Moskau einmal mehr, dies auch endlich zu tun. Erst wenn das Klimaabkommen tatsächlich in Kraft getreten ist, kann ernsthaft über neue Verpflichtungsperioden beraten werden. Die EU-Delegation war zwar mit der Hoffnung nach Delhi gefahren, dass sich die Industriestaaten bereits jetzt für viel anspruchsvollere Klimaschutzziele nach 2012 aussprechen würden. Doch – wie zuvor schon in Johannesburg – ging es in Delhi kaum ums Klima. So deutlich wie der indische Regierungschef Atal Behari Vajpayee hatte zuvor allerdings kaum jemand formuliert, was der Hauptkonfliktpunkt für die künftigen Klimakonferenzen sein wird: „Wir glauben nicht, dass die ethischen Grundsätze der Demokratie irgendeine Norm unterstützen können, außer der, dass alle die gleichen Pro-Kopf- Rechte auf weltweite Umweltressourcen haben“, sagte er.

Die Entwicklungsländer haben es leicht, ihre Ansprüche zu formulieren. Nicht nur, dass die Industrieländer kaum eine Zusage eingehalten haben, die sie bei früheren Konferenzen gemacht hatten. Außerdem hat die Leiterin der US-Delegation, Paula Dobrianski, erneut betont, der Klimaschutz dürfe der amerikanischen Wirtschaft nicht schaden. Deshalb sei ihr Land auch vor mehr als einem Jahr aus dem „wenig effektiven Kyoto-Protokoll“ ausgestiegen, argumentierte sie in Delhi. Dem widersprach Umweltminister Jürgen Trittin: „Es kostet am meisten und fügt der Wirtschaft den größten Schaden zu, wenn wir im Kampf gegen den Klimawandel versagen.“ Unterstützung bekam er für seine Position von Klaus Töpfer, dem Chef des UN-Umweltprogramms (Unep). Allein von Januar bis September 2002 hätten wetterbedingte Umweltkatastrophen weltweit 56 Milliarden Dollar gekostet, rechnete er vor. Die versicherten Schäden lägen um rund neun Milliarden Dollar höher als vor einem Jahr.

Auf Trittins neuerlichen Appell, sich dem Klimaschutzabkommen doch wieder anzuschließen, reagierten die USA nicht. Im Gegenteil, bei den Beratungen um die Delhi-Deklaration „tun die USA so, als hätte es das Kyoto-Protokoll nie gegeben“, kritisiert Jennifer Morgan, Klimaexpertin des World Wide Fund for Nature (WWF).

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