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„Wer als syrischer Flüchtling regelmäßig in Syrien Urlaub macht, kann sich ja nicht ernsthaft darauf berufen, in Syrien verfolgt zu werden. Dem müssen wir seinen Flüchtlingsstatus entziehen“, meint Horst Seehofer.

© Jörg Carstensen/dpa

Anerkannte Flüchtlinge: Zum Heimaturlaub nach Syrien

Wer als Flüchtling ins Herkunftsland reist, könne sich nicht darauf berufen, verfolgt zu werden, findet Innenminister Seehofer. Was ist dran an der Theorie?

Anerkannte Flüchtlinge reisen ohne Absprache mit den zuständigen Behörden privat auf Heimaturlaub – das ist Behörden und zumindest in diversen Helferkreisen bekannt. Meist erfolgen die Reisen aus Heimweh oder um Verwandte zu besuchen. Die Einreise findet über Nachbarländer wie die Türkei und dem Libanon statt.

Flüchtlinge, die einen deutschen und syrischen Pass haben, legen dann vermutlich beim Grenzübertritt nur ihren syrischen Pass vor, manchmal dürfte auch Bestechungsgeld bezahlt werden. Wer als anerkannter Asylbewerber einen blauen deutschen Reisepass hat, darf damit überall hinreisen, nur nicht nach Syrien. Die Frage lautet in solchen Fällen: Wie sehr sind solche Syrer wirklich verfolgt vom Assad-Regime, vor dem sie ihren Angaben zufolge geflohen sind?

Vor diesem Hintergrund hat Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) erklärt: „Wer als syrischer Flüchtling regelmäßig in Syrien Urlaub macht, kann sich ja nicht ernsthaft darauf berufen, in Syrien verfolgt zu werden. Dem müssen wir seinen Flüchtlingsstatus entziehen.“ Das klingt nach klaren Worten, die Probleme liegen aber im Detail.

Wer ist überhaupt betroffen? Das Bundesinnenministerium teilt mit, „dass eine kurze Rückreise zur Erfüllung sittlicher Verpflichtungen kein Grund für einen Widerruf ist“. Dazu zählen Beerdigungen oder der Besuch von schwerkranken Angehörigen. Aber auch hier müsse man den Einzelfall prüfen.

Ganz anders sehe es bei Urlaubsreisen oder privaten längerfristigen Aufenthalten im Heimatland aus, über die die Behörden eben oft nicht informiert werden. „Dies kann ein Indiz dafür sein, dass bei dem Flüchtling keine Furcht vor Verfolgung vorliegt. Hier kommt gegebenenfalls ein Widerruf oder eine Rücknahme in Betracht“, sagte ein Sprecher des Innenministeriums.

Und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) teilt mit: „Kommt das Bamf zum Ergebnis, dass die Reise ins Herkunftland die Fluchtursache außer Kraft setzt, erfolgt in der Regel ein Widerruf des Schutzstatus.“ Nur, wie viele Flüchtlinge tatsächlich eine private Urlaubsreise in ihre Heimat buchen, kann das Bamf nicht sagen.

Trotzdem teilt es mit, dass es „über funktionierende Kommunikationswege“ verfüge, „um über eine Ortsabwesenheit im Herkunftsland informiert zu werden“. Diese Wege sind unter anderem Behörden, die das Bamf informieren, dass ein Asylberechtigter in sein Herkunftsland gereist ist. Nur scheinen diese Kanäle nicht wirklich effektiv zu funktionieren.

In Flüchtlingskreisen ist es ein offenes Geheimnis, dass dem Bamf nicht alle Syrien-Aufenthalte bekannt sind. Seit Beginn der Kämpfe sind rund 780.000 Syrer nach Deutschland geflohen.

Nicht viel zu befürchten

Aber selbst wenn das Bamf mitbekommt, dass ein anerkannter Flüchtling in seine Heimat geflogen ist, bedeutet das in der Praxis nicht viel. Bis 31. Dezember besteht ein Abschiebestopp in das Land. Das Bamf unterscheidet zwischen anerkannten Flüchtlingen und Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten, die nur so lange bleiben dürfen, bis in ihrer jeweiligen Heimat die Sicherheitssituation eine Rückkehr zulässt.

Befürchten müssen Syrer, die beim Heimaturlaub erwischt wurden, nicht viel. „Ein Widerruf des Schutzstatus bedeutet weder die Beendigung jedweden Schutzstatus der betroffenen Person noch die zwingende Aufenthaltsbeendigung“, sagte eine Bamf-Sprecherin.

Nur wenn jemand keinen subsidiären Schutz genießt oder aus einem Land kommt, in das nicht abgeschoben wird oder ein anderer Grund vorliegt, der gegen eine Abschiebung spricht, könne „die Ausländerbehörde auch den Aufenthaltstitel widerrufen und die betreffende Person sowie gegebenenfalls auch Familienmitglieder zur Ausreise auffordern“.

Doch diese harte Maßnahme ist der absolute Ausnahmefall. 2018 wurden nur 982 Schutztitel entzogen, 1,2 Prozent aller im vergangenen Jahr vom Bamf abgeschlossenen Widerrufs- oder Rücknahmeprüfungen.

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