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Luisa Neubauer will nicht in den Siemens-Aufsichtsrat (Foto vom Freitag nach dem Gespräch mit Konzernchef Kaeser).

© Soeren Stache/dpa-Zentralbild/dpa

Update

Angebot von Siemens abgelehnt: Klimaaktivistin Neubauer macht das einzig Richtige

„Fridays-for-Future“-Aktivistin Neubauer bringt Siemens-Chef Kaeser mit ihrer Absage an sein durchsichtiges Angebot in Verlegenheit. Sehr gut. Ein Zwischenruf.

Ein Zwischenruf von Ariane Bemmer

Gibt es noch jemanden, der Luisa Neubauer nicht feiern möchte? Abgesehen vom Siemens-Chef natürlich, der bedauert, dass sie den Aufsichtsratsposten ablehnt, den er ihr in der Unternehmenstochter Siemens Energy freiräumen wollte.

Alles, was Neubauer sagt, ist bekannt

Statt auf dieses Angebot einzugehen, brachte die 23-jährige Klimaaktivistin mit ihrer Absage abermals Kaeser in Zugzwang. Denn Neubauer bat darum, den ihr angebotenen Posten einem Vertreter von "Scientists for Future" zu geben. Das lehnte Kaeser am Sonntag ab. Er brauche keine weiteren Experten, sondern „Leadership“.

Sein Angebot an Neubauer sah schlimmstenfalls aus wie ein Versuch, Kritiker einzukaufen, damit sie die Geschäfte nicht länger stören – und bestenfalls wie eine durchsichtige PR-Nummer. Wenn Kaeser denn so viel von Klimaschutz und nachhaltigen Investitionen hält, wie er nach dem Gespräch mit Luisa Neubauer am Freitag bekundete, warum handelt er dann nicht entsprechend? Das würde allerdings eine Abkehr von betriebswirtschaftlichen Egoismusstrategien bedeuten und eine Fokusverschiebung auf Gemeinwohlinteressen.

Fest steht: Siemens braucht Neubauer nicht. Alles, was sie und alle anderen Aktivisten von "Fridays for Future" permanent wiederholen, ist bekannt: sämtliche Studien zur Klimaentwicklung, sämtliche Forderungen, sämtliche Szenarien. Man müsste sie nur mal ernst nehmen.

Das Kohleprojekt in Australien, an dem Siemens sich – was aktuell besonders kritisiert wird – beteiligen will, wird seit Jahren von Umweltschützern kämpft. Dass Kohleenergie eine schlechte Umweltbilanz hat, ist ebenfalls seit Jahren bekannt. Beides hat die Konzernführung offenbar nicht soweit interessiert, dass es den Auftrag, der mit seinem Volumen von 18 Millionen Euro als verhältnismäßig klein gilt, ausgeschlagen hätte.

So wenig Kompetenz? Really?

Kaeser hat jetzt bekundet: "Wir machen eine ganze Menge Dinge, aber wir machen auch Fehler, das ist offenkundig. Wir sehen, dass wir auch indirekte Beteiligungen bei kritischen Projekten besser verstehen und frühzeitig erkennen müssen." Da will man kaum glauben, dass man einen der mächtigsten Industriemanager des Landes reden hört. So wenig Kenntnis? So wenig Weitblick? So wenig Strategie? So wenig Kompetenz? Really?

Siemens entschied dann am Sonntag, an dem Vertrag festzuhalten – Neubauer reagierte umgehend: „Joe Kaeser macht einen unentschuldbaren Fehler“.

Die junge Klimaaktivistin hatte jedenfalls zuvor schon das Richtige getan und verteidigte ihre Überzeugungen und ihre Unabhängigkeit – und gewann damit vermutlich noch mehr Standing, als sie ohnehin bereits erworben hat. Keine glückliche Figur macht dagegen (abermals) der altgediente Topmanager. Und wer ohnehin mit manchen Entwicklungen das alte System, die alten Rituale, die alten Machtspreizungen wanken sieht, kann sich über diesen Punktestand eigentlich nur freuen.

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