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Politik: Angst vor der Kosten-Flut

Bushs Versprechen, den Hurrikan-Opfern im großen Stil zu helfen, ruft dessen Parteifreunde auf den Plan

George W. Bushs Wiederaufbauversprechen im nächtlichen New Orleans vor dem Hintergrund der hell angestrahlten Fassade der St. Louis-Kathedrale haben die US-Medien als starken Auftritt dargestellt. Doch am Tag danach sieht sich der Präsident mit bohrenden Fragen, vor allem aus der eigenen Partei, konfrontiert, wie er sein „Koste es, was es wolle“ zu finanzieren gedenkt. Bisher hat der Kongress auf Bushs Antrag 62,3 Milliarden Dollar Soforthilfe bewilligt, die Gesamtkosten werden auf 200 Milliarden geschätzt, was etwa der bisherigen Rechnung für den Irakkrieg entspricht. Republikanische Abgeordnete fordern nach Zeitungsberichten vom Sonnabend eine scharfe Kontrolle, wofür die „Katrina“- Mittel verwendet werden, „bevor Mr. Bush mit neuen Wünschen kommt“. 20 Volksvertreter verlangten in einem Brief an den Präsidenten Einschnitte bei nichtmilitärischen Ausgaben.

Eine „Katrina“-Steuer hat Bush ausgeschlossen mit der Begründung: „Die arbeitende Bevölkerung muss bereits eine Art Steuererhöhung in Form steigender Benzinpreise bezahlen.“ Das Weiße Haus weigert sich, auf die Forderung einiger Demokraten einzugehen, die versprochenen Steuersenkungen, die sich in den nächsten zehn Jahren auf 1,4 Billionen Dollar summieren, zurückzunehmen oder zeitlich zu strecken. Steuersenkungen, Schuldenabbau und ein schlanker Staat, der sich auf die unabdingbaren öffentlichen Aufgaben beschränkt, gehören zum Kern republikanischer Identität.

Bush verspricht, er werde die Aufbauhilfe durch Kürzungen bei „unnötigen Ausgaben“ in anderen Bereichen finanzieren. Er machte keine konkreten Angaben. Als Hauptposten gelten Medicaid und Medicare, die staatliche Gesundheitsversorgung für Nicht- oder Unterversicherte, die Bush zum Teil privatisieren will. Am Mittwoch wollen republikanische Abgeordnete Vorschläge machen.

Der Unmut seiner Parteifreunde war bereits zu Beginn der Sommerpause laut geworden, als der Kongress 286,4 Milliarden Dollar für Verkehrsprojekte billigte – eines von drei Gesetzespaketen, die lange blockiert waren. Gesamtpolitisch galt das als Erfolg für Bush, der freilich vielen Republikanern peinlich war. 2003 hatte Bush sich gebrüstet, er werde das Verkehrsprojekt nicht unterzeichnen, wenn die Kosten 250 Milliarden Dollar überschreiten. Die Mehrheit im Parlament wurde möglich, nachdem Projekte in Wahlkreisen einzelner Abgeordneter hinzugekommen waren – für republikanische „Budget-Falken“ ein Ausweis von „Verschwendung“. Der meistzitierte Beleg ist eine 250 Millionen Dollar teure Brücke zu einer Insel in Alaska, auf der 50 Menschen wohnen.

Mehrere republikanisch regierte Bundesstaaten haben in den jüngsten Jahren automatische Haushaltssperren eingeführt, sobald die Verschuldung eine bestimmte – relativ niedrige – Grenze überschreitet. Das zulässige Budget wird durch Bevölkerungs- und Wirtschaftsentwicklung bestimmt. Der Trend zu mehr Staatsausgaben wurde damit gebrochen.

Präsident Bush hatte im Wahlkampf 2004 eine Halbierung der nationalen Verschuldung bis 2008 versprochen, nachdem sie in seiner ersten Amtszeit um eine Billion Dollar gestiegen war. Die Neuverschuldung im laufenden Haushalt musste seit Jahresbeginn mehrfach nach oben korrigiert werden, von anfangs unter 300 Milliarden Dollar auf derzeit 400 Milliarden. Mit Blick auf die Ausgaben im Irak und nun die Fluthilfe wird für 2008 mit 520 Milliarden Dollar Neuverschuldung anstelle des versprochenen Schuldenabbaus gerechnet.

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